Liebe Sophie
du kommst aus der gleichen Stadt wie ich

und du scheinst gleich zu leiden wie ich. Ich bin auch staatlich geprüfter Hypochonder und kenne keine harmlosen Krankheiten. Ein Stich da, ein Pieksen dort und mir schießt es wie der Blitz durch den Kopf: KR...!
Als Kind war ich zwar auch immer schon sehr ängstlich - (ich musste zB das Klassenzimmer verlassen, wenn wir im Sachunterricht das Herz durchgenommen haben weil ich dachte, wenn man da was hat ist es vorbei. Oder ich hab eine Zeit lang keine Eier gegessen weil ich Angst vor einer Blinddarmentzündung und OP hatte

) aber richtig belastend wurde es auch erst seit ich erwachsen bin. Da reicht eine Verkühlung und ich denke dass ich keine Ahnung was.. einen seltenen Keim den ich nie mehr loswerde oder so hab.
Ich bin auch tagelang fertig wenn ich mitbekommen, dass jmd an Kr... erkrankt ist. Es ist die Angst vor der Perspektivlosigkeit, die mich dann so quält. Bis ich eine Dame kennengelernt habe, die tatsächlich an ganz aggressivem Kr... erkrankt ist und die ihr Leben besser und fröhlicher lebt, wie ich. Die sagt auch es ist wie es ist und so lange es geht, macht sie das beste daraus! Punkt!
Wir können unser Leben entweder durch permanente Angst an uns vorüberziehen lassen oder lernen zu akzeptieren, dass das Leben endlich ist. Oder wie ich mir immer einrede: zu Tode gefürchtet ist auch gestorben. Ich habe zig Bücher in den letzten Monaten gelesen zur Hypochondrie. Ich war hier bei uns auch schon in Therapie aber ich habe gemerkt helfen kann ich mir nur selber. Das einzige das mich wirklich quält sind meine Gedanken. Und die sind ja nicht tödlich. Dh je eher ich lerne die unter Kontrolle zu bringen, desto eher habe ich mein Leben zurück.
Ich setze Escitalopram ab und kenne deine Symptome bzw die ständige Angst davor, dass es doch eine Krankheit ist so gut. Ich schiebe jeden Arztbesuch so lange auf, bis ich die quälenden Gedanken einer eingebildeten Erkrankung nicht mehr ertrage. Aber ich habe jetzt im Entzug so viel über mich gelernt. Ich hatte tagelange Panikattacken, dachte ich könnte gar nicht mehr von der Couch aufstehen. Inzwischen kann ich meine Gedanken so kontrollieren, dass ich keine Panikattacken mehr habe. Ich fange sie ab noch bevor sie anfangen.
Wo ich aber auch noch immer Probleme habe ist neue Symptome nicht übermäßig ängstlich zu bewerten. Das ist extrem schwer und will mir nicht gelungen. Während andere sage mei ist halt so denke ich mir nur OMG es ist soweit, jetzt ist alles aus :O mein Mann hatte zB eine Darmspiegelung und ich war so fertig, weil ich zuvor schon die schlimmsten Storys Ausgemalen hab. Er meinte ganz cool es gibt sowieso nur 2 Optionen: a) es ist alles okay b) sie finden was und helfen mir.

Wie sehr beneide ich ihn um diese Ansicht. Option b) kann ich kaum denken ohne Horrorszenarien auszumalen.
Es ist dieses Urvertrauen in die Gesundheit und Robustheit des Körpers verloren gegangen, durch Erzählungen diverser Schicksale. Meine Mama sagt dann immer 'so schnell stirbt man nicht'. Tja das ist meine Baustelle und ich arbeite daran, wieder einen normalen Zugang zu bekommen.
Aber wie gesagt - das sind nur unsere Gedanken. Ich bin jetzt auf die Zen Lehre gestoßen und denke, dass mir diese nachhaltig helfen kann. Es geht darum im hier und jetzt zu leben und die Situation anzunehmen wie sie ist. Akzeptieren lernen, wenn sich etwas nicht ändern lässt. Denn je schneller man das schafft, desto positiver kann man denken.
Liebe Sophie sei dir sicher, dass du nur entzugsbedingte Symptome hast. Je geduldiger du bist, desto nachhaltiger wirst du dich besser fühlen können. Denn unser Körper muss erst lernen, dass er zukünftig ohne dem auskommen muss, dass ihm bisher wie eine Tafel Schokolade als besonders toll verklickern wurde. Kämen wir leicht davon weg, wäre es ja kein Entzug
Ich kenn eine ganz tolle Trainerin für Therapiereiten - Moorhof, Sabine Hartlieb in Feldkirchen. Ich habe voriges Jahr zu reiten begonnen wegen der Angstproblematik. Ich kann dir gar nicht sagen wie gut mir das tut. Ich fühle mich wesentlich gesunder, lebendiger, kraftvoller und glücklicher. Die Bewegung am Pferderücken ist wirklich unglaublich lösende und befreiend und obwohl ich im Alltag und Beruf sehr selbstbewusst bin, so stärkt der Umgang mit einem so viel größeren Tier das aber gleichzeitig so eine Bindung eingeht ganz enorm die eigene Wahrnehmung. Was sind schon Symptome oder Ängste wenn ich den 600kg Friesen im Galopp durch den Wald unter Kontrolle habe. Und auch die Arbeit mit dem Pferd... das es nur da ist ist einfach wundervoll. Für mich war es mehr Therapie als jede Besprechung wo mir immer nur gesagt wurde, was ich schon wusste.
Alles Liebe Anna
Liebe Grüße Anna
2007 - erstmalig nach zahlreichen Panikattacken Citalopram genommen. Eingeschlichen in 5mg Schritten bis 10mg. Nach etwa 4 Monaten relativ rasch abgesetzt ohne NW
2011 - nach vermehrten Angstphasen wieder Citalopram eingeschlichen in 5mg Schritten bis 20mg
Okt. 2013 - von heute auf morgen aufgehört - Symptome: nicht enden wollende Panikattacke, ÜW in KH, nach Anraten der Ärzte Citalopram wieder eingeschlichen auf 15mg
2016 - Zustand stabil und alles super, 2. Absetzversuch wieder viel zu schnell - Folge: erneut heftige Entzugserscheinungen, wieder eingeschlichen auf 15mg
April 2017 - Reduktion auf 10mg
Mai 2017 - Reduktion auf 5mg
Juli 2017 - Reduktionsversuch auf 2,5mg - leichte Absetzerscheinungen: Verdauungsprobleme, Gedankenkreisen, innere Unruhe - Dosisanpassung auf 5mg, nach Anmeldung im Forum weiß ich nun, dass ich viel zu ungeduldig bin

August 2017: 5mg - nach 3 Wochen NW wie Ein- und Durchschlafstörungen, sehr lebhafte Träume, vermehrte Zuckungen vor dem Einschlafen
26.8.17 - Reduktion auf 4,5mg
27.9.17 - Reduktion auf 4,1mg
6.11.17 - Reduktion auf 3,6mg
9.11.17 - hoch auf 4,1mg
18.11.17 - Reduktion auf 3,8mg
1.12.17 - Reduktion auf 3,6mg
28.1.18 - Reduktion auf 3,3mg
9.3.18 - Reduktion auf 3mg
Ergänzend seit 2016: 1/2 Pkg Magnosolv pro Tag, spürbare Entspannung bei Herz und allgemeiner Muskulatur.
Passionsblumentee zur Milderung entzugsbedingter NW.