bereits vor zwei Jahren bin ich erstmals auf dieses Forum gestoßen, als ich das erste Mal die Idee hatte, mich von meinem Seroquel zu verabschieden. Durch Umwege (siehe unten) wurde ich davon abgehalten und habe den Plan erstmal zurückgestellt. Seit diesem Jahr merke ich allerdings eine enorme Talfahrt (siehe ebenfalls unten), sodass ich mich seit vielen Wochen hier durchs Forum gekämpft habe. Ich beeindruckt von der Nächstenliebe, die hier von vielen Usern gelebt wird. Trotz (oder gerade wegen) eigener leidiger Erfahrung wird hier geholfen - egal wie hoffnungslos der Einzelfall zu sein scheint. Die vielen tollen Beiträge hier haben mich bewogen, mit meiner Tablettengeschichte den Schritt hier ins Forum zu wagen.
Wer ich bin und wie es zur Medikamenteneinnahme kam?
Als ich 15 Jahre alt war, hatte ich mit massivsten Somatisierungsbeschwerden zu kämpfen, deren psychische Ursache bis heute ungeklärt ist. Ich traf auf Ärzte ohne Verständnis und Ahnung von psychischen Erkrankungen und hab von allen Ecken nur Spott bekommen, sodass ich das ganze lange mit mir ausmachen wollte. Als ich allerdings über Tage meine linke Körperhälfte nicht spürte und anschließend mein linker Arm zeitweiser gelähmt war, bin ich mit meiner Mutter ins Krankenhaus und traf dort erstmals auf eine Ärztin die mich wahrgenommen hat. Das Anfang vom Ende, denn sie musste mir schonend beibringen, dass meine anfangs noch händelbaren Somatisierungsbeschwerden mittlerweile eine extreme Angststörung (Panikstörung) und Depression ausgelöst hatten. Neben den Somatisierungsbeschwerden wurden einige organische Probleme am Skelett und Clusterkopfschmerzen gefunden, die viele Beschwerden auch erklären konnten.
Mittlerweile bin ich 23 Jahre, studiere in einem naturwissenschaftlichen Studiengang und habe eine Psychiatriekarriere vom feinsten hinter mir. Die Somatisierungsbeschwerden sind bis auf ein Mindestmaß zurückgefahren, die Depression im Rahmen und die Angststörung ...na ja, austherapiert. All das beschäftigt mich noch, kontrolliert aber nicht mein Leben.
Ich war über 1,5 Jahre (mit 2 langen, insg. 8 Monate, Aufenthalten) in der Kinder- und Jugenpsychiatrie, dann 3 Jahre in ambulanter Therapie, währenddessen nochmal 2 Monate in der Erwachsenenpsychiatrie. Das alles soll hier allerdings nur dazu dienen, dass ihr mich und meine Probleme einschätzen könnt.
Medikamente
Innerhalb der Klinikaufenthalte entbrannte ein regelrechter Wettstreit darum, wie man mich wohl am besten therapieren - und das hieß für diese Klinik leider, medikamentieren - könne. Erst wurde mir Fluoxetin gegeben - ich entwickelte eine Schlafstörung innerhalb von Wochen. Dann Dipiperon - ich bekam Aggression und konnte mich kaum davon abhalten die Wände einschlagen zu wollen. Dann kam die Lösung: Tavor. Bis zu 3x 2,5 mg + 5 mg bei Bedarf bekam ich stationär. Nach einem Krisenaufenthalt wurde ich mit 12,5 mg Tavor auf die Straße gesetzt (Minderjährig, ohne auf meine Mutter zu warten). Ich strauchelte irgendwie mehr schlecht als Recht in eine nahe gelegene Praxis einer Kinder- und Jugendpsychiaterin die mich ambulant sofort aufnahm und mit der ich innerhalb von 3 Tagen Tavor absetzte - ohne Symptome, trotz mehrmonatiger Einnahme. Da es mir weiter schlecht ging und ich zunehmend Suizidgedanken bekam, setzten wir Seroquel ein.
Seit 2012 nehme ich nun Seroquel Prolong, 150 mg abends. Und mir ging es - nach einem Monat Schlafproblemen - grandios. Meine Stimmung war stabilisiert und ich konnte das Psychiatriedrama hinter mir lassen.
Warum absetzen?
Als ich vor 2 Jahren absetzen sollte waren die Gründe:
- Massive Gewichtszunahme von 35 kg in 5 Jahren.
- Stabilere Psyche und der Wunsch nicht ewig Medis zu nehmen.
innerhalb des aktuellen Jahres allerdings, scheinen die Nebenwirkungen plötzlich extrem zu werden. Alle folgenden Symptome sind organisch abgeklärt und haben keine organische Ursache. (Falls jemand fragen sollte, warum ich "plötzlich auftretende Symptome" als Nebenwirkungen deklariere: da müsste ich etwas ausholen, aber ich bin mir ziemlich sicher)
- Taubheitsgefühle in den Füßen/Händen
Gewebeschwellungen an einem Bein
Sprachstörungen (Silben, Aussprache, Grammatik, Begriffe)
Extreme(!) geistige Verlangsamung
Müdigkeit trotz viel Schlaf
Konzentrationsschwäche
Emotionsabflachung (weder positive noch negative Ausreißer)
Absetzen - ja! Aber wie?
Ich habe Monate gebraucht um einen Termin bei einer Psychiaterin zu bekommen, doch am 22.11. ist es so weit - und länger hätte ich es nicht mehr ausgehalten. Nachdem ich mich viel informiert habe, bin ich sicher: ich will in ganz kleinen Schritten ausschleichen, ungefähr die 10%-Regel einhalten und auf mich hören. Aber ich sehe nicht, wie das gehen soll... Retard Tabletten in Wasserlösen fällt ebenso weg, wie das Zermahlen und abwiegen. Das Kügelchentablette gibt's es nicht. Darüber hinaus nehme ich aktuell 150 mg - es gibt aber keine 100 mg Tabletten. Daher einige konkrete Fragen:
- Wie kann ich behutsam von retardiertem auf unretadiertes Seroquel wechseln?
Kann ich 100 mg retadiertes Seroquel nehmen, indem ich 2x 50 mg ret. Seroquel nehme oder spricht da was gegen?
Ist als erster Schritt denkbar, dass ich von 150 mg ret. abends auf 100 mg ret. abends plus einer 25 mg unret. Tablette wechsel?*
Hätte jemand konkrete Ideen als Schritte? Also inkl. Umsetzbarkeitscheck?
Ich denke, wer sich bis hierhin durchgekämpft hat, der ist von meinem teils sicher zusammenhanglosen Gelaber erstmal erschlagen. Trotzdem würde ich mich unfassbar über Ideen freuen, wie ich das wirklich umsetzen kann. 10% ausrechnen kann ich selber - nur aufgrund der Probleme (keine 100 mg Tabletten, ret. Seroquel...) scheitert es am Umsetzen. Aber ich danke auch jedem, der einfach bis hier hin gelesen hat und sich überhaupt die Zeit genommen hat, das Leid einer Fremden zu ertragen, was ja oft auch nicht einfach ist.
Danke und liebe Grüße,
eure Never.
PS: Signatur folgt. Aber das einzig relevante ist eh:
Tavor und Fluoxetin sehr schnell und nebenwirkungsfrei abgesetzt.
Seit 2012 Seroquel Prolong 0-0-150 mg und seit 2017 massive Nebenwirkungen.