Confianza hat geschrieben: ↑27.08.2019 15:31
Hallo!
Ich möchte hier aufschreiben, was mir in den letzten Wochen geholfen hat, vielleicht dient es auch anderen zur Unterstützung.
Seh-/Fokussierungsprobleme:
Ich bin zu dm und habe mir eine Lesebrille gekauft. Problem gelöst. Wahrscheinlich muss ich meine Kontaktlinsen anpassen lassen, das werde ich demnächst sehen.
Ersatz für Tavor:
Ich nehme Tavor als Notfallmedikament, der Entzug kann aber zeitweise ein Dauernotfall sein, also musste Ersatz her. Tavor wirkt auf das GABAerge System, das –vereinfacht ausgedrückt- beruhigend wirkt und der Gegenspieler zum glutamatergen System ist. Also habe ich gegoogelt, was ähnlich wie GABA wirkt, aber nicht suchtauslösend ist wie Tavor.
Geholfen hat mir Beruhigungstee, der zitronige Kräuter enthält: Zitronenmelisse, Zitronengras, etc. Massive Angstzustände konnte ich damit nicht regulieren, aber der Tee hatte eine beruhigende Wirkung während der letzten Wochen und hat teilweise auch den Tinnitus gedämpft.
Im Forum wurde GABA Calm vom Vitaminexpress empfohlen bei Angstzuständen. Mir hat es nicht geschmeckt, deshalb habe ich es nicht mehr im Akutzustand probiert. Ich habe mir stattdessen dort Theanin gekauft, gibt es als 100 mg und 200 mg Kapseln. Es wirkte bei mir beruhigend vor allem abends und nachts. Auf den Tinnitus hatte es meist keinen Einfluss.
Es konnte gezeigt werden, dass Lavendelöl beruhigend wirkt, wenn man daran riecht. Es muss also nicht eingenommen werden, was ich aus mehreren Gründen als Vorteil empfinde. Ich habe Lavendelöl von Baldini auf ein Taschentuch getropft und neben mein Kopfkissen gelegt. Die Wirkung war bei mir nicht sehr aufgeprägt, aber mir hat der Geruch geholfen, weil ich das Gefühl hatte, dass ich in einer beruhigenden Duftwolke liege.
Zur Passionsblume gibt es einige Stränge hier, auch mit Posts, dass einige sie nicht vertragen haben. Sie wird als Tee, Tropfen/Flüssigkeit und Dragees angeboten. Ich habe das Flüssigpräparat Passiflora Curanina genutzt, das aus Passionsblumenextrakt besteht. Die übliche Dosis ist 2 ml, es liegt ein Hütchen dabei, mit dem man die Menge abmisst. Mir hat diese Dosis furchtbare Herzklopfen gemacht und den Blutdruck so sehr abgesenkt, dass ich dann ohnmächtig wurde. Der Tinnitus war aber schlagartig weg.
Ich habe dann die Dosis radikal verringert und nur 2-4 „Tropfen“ davon auf einen Löffel eingenommen, es hat mich sehr entspannt, den Tinnitus beruhigt und ich konnte gut schlafen. Das habe ich dann regelmäßig vor dem Einschlafen genommen.
Ich würde nach meinen Erfahrungen Passionsblume nicht als Tee oder Dragees ausprobieren, sondern nur flüssig, um eine feine Dosierung zu ermöglichen. Wenn schon Herzklopfen besteht würde ich es nicht nehmen, sondern eher Theanin, um das Herzklopfen nicht zu verstärken.
Tinnitus:
Der Tinnitus hat mir große Angst gemacht, weil ich die Stille liebe und sie zum Regenerieren brauche. Im Forum las ich, dass er zu den Absetzerscheinungen gehört und nicht immer weggeht, sondern bei einigen auch bestehen blieb. Leider habe ich aus den Strängen nicht lesen können, ob und wann der Tinnitus nachlies, deshalb möchte ich es in meinen Strang dokumentieren. Er ist viel besser geworden und ich habe die Hoffnung, dass er noch ganz weggeht, wenn die anderen Symptome auch nachlassen. Die speziellen Tinnitusstränge fand ich nicht sehr hilfreich beim Absetzen.
Ich habe gemerkt, dass der Tinnitus ein Stresssymptom ist und deshalb auf Beruhigung reagiert: (Tavor), Beruhigungstee und Passionsblume. Jetzt, wo er nicht mehr so stark ist, reagiert er auch auf Ausruhen und Meditation. Bei mir ist er nachts oft stärker, weil ich nachts viel Altes und Aktuelles verarbeite, ich habe oft Albträume und schlafe unruhig. Wenn ich zwischendurch aufwache, höre ich dann den Tinnitus, was das Wiedereinschlafen nicht gerade erleichtert. Morgens nach dem Aufwachen ist er auch noch stärker, lässt aber dann bald nach.
Ich habe mir meine Knirschschiene erneuern lassen, damit beim nächtlichen Knirschen die Zähne nicht geschädigt werden. Ich war/bin sehr verspannt, auch im Nacken, was auch Tinnitus auslösen kann.
Ausprobiert habe ich auch NEMs wie OPC und Arginin (wirkt gefäßerweiternd und durchblutungsfördernd), im Netz wurden damit gute Erfahrungen gepostet. Mir hat es den Tinnitus nicht verbessert.
Quetiapin dosieren:
Im Forum ist zu lesen, dass es Quetiapin als Flüssigpräparat gibt, das ist nicht mehr richtig. Nach Apothekenauskunft wird es schon länger nicht mehr vertrieben und es ist nicht absehbar, dass es nochmal erhältlich sein wird.
Für den Urlaub habe ich mir Kapseln verschreiben lassen. Nach Auskunft der Apotheke soll folgendes auf dem Rezept stehen:
Wirkstoff, Wirkstoffmenge, Kapseln, Anzahl der Kapseln
Die Krankenkasse hat die Kosten übernommen.
Mir war bewusst, dass die Kapseln nicht exakt die gleiche Dosierung haben könnten wie mein Tablettenpräparat, aber ich habe sie gut vertragen. Ich werde die Kapseln für den Urlaub wieder nutzen.
Für den Urlaub im Ausland kann es hilfreich und manchmal auch notwendig sein, dass man sich für seine PP vom verschreibenden Arzt eine Zollbescheinigung ausstellen lässt, vor allem für die Benzos. Mein Psychiater hatte ein Vordruck auf deutsch/englisch, den er mir ausgefüllt hat.
Substanzlose Selbsthilfe/Innere Haltung:
Mir hat bei einigen Symptomen vor allem die Akzeptanz geholfen: Jetzt ist es so, die Ursache ist klar, das Gehirn muss sich neu sortieren, es braucht seine Zeit, ich werde wieder gesund werden.
Ich habe gemerkt, dass die Panik durch den Tinnitus vieles verschlimmert hat und Angstzustände ausgelöst hat. Auch wenn es nicht einfach ist: sich reinsteigern und innerlich dagegen ankämpfen verschlimmert alles nur. Mir hat dabei die Achtsamkeitslehre von John Kabat-Zinn geholfen, der in seinen MBSR-Kursen lehrt, dass Leiden erst entsteht, wenn man gegen Schmerzen ankämpft, anstatt sie erstmal zu akzeptieren. Den Kurs hatte ich allerdings schon vor dem Absetzen gemacht, konnte also auf Erfahrung zurückgreifen. Für eine akute Phase ist der Kurs sicher zuviel, aber für Leute im Langzeitentzug wäre er eine Möglichkeit, sowie Therapien, die helfen die innere Haltung zu den Entzugserscheinungen zu ändern, ähnlich wie es auch Patienten mit chronischen Erkrankungen lernen müssen.
Hilfreich fand ich auch eine Neubewertung von Symptomen: zB die Übelkeit zeigt, dass das Gehirn sich gerade umbaut. Prima! Es tut sich was! Danach geht es mir besser und ich werde sogar die Vorteile des Absetzens spüren. Es ist also etwas in Bewegung, es geht Richtung Besserung, es ist kein Stillstand mit Verbleiben im Elend.
Tagebuch:
Ich habe täglich meine Symptome, Präparate mit Dosierungen dokumentiert, um bei der nächsten Welle nachlesen zu können, welches Symptom wie lange gedauert hat und was dagegen geholfen hat. Ich habe auch meine Durchhaltemantras aufgeschrieben, um sie in schlimmen Zeiten präsent zu haben, zB Ich werde wieder gesund werden oder das sind nur Absetzerscheinungen, das bin nicht ich.
Soweit erstmal meine Erfahrungen.
Viele Grüße
Confianza