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 ! Nachricht von: Oliver

Dieses Forum ist im Ruhezustand.

Es hat sich eine neue Gemeinschaft aus Betroffenen und Angehörigen gegründet, die sich weiterhin beim risikominimierenden Absetzen von Psychopharmaka unterstützt und Informationen zusammenträgt. Die Informationen, wie ihr dort teilnehmen könnt findet ihr hier:

psyab.net: wichtige Informationen für neue Teilnehmer


Die öffentlichen Beiträge auf adfd.org bleiben erhalten.

Bereits registrierte Teilnehmer können hier noch bis Ende 2022 weiter in den privaten Foren schreiben und PNs austauschen, aber es ist kein aktiver Austausch mehr vorgesehen und es gibt keine Moderation mehr.

Ich möchte mich bei allen bedanken, die über die geholfen haben, dieses Forum über 18 Jahre lang mit zu pflegen und zu gestalten.


Paroxetin Absetzerscheinungen

Hier lassen sich auch viele Erfahrungsberichte über das Absetzen von Antidepressiva und Benzodiazepinen finden.
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Lotus
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Paroxetin Absetzerscheinungen

Beitrag von Lotus »

Hallo liebes Forum,

heute ist Tag 5 meines Versuches Paroxetin, schnell abzusetzen. Tag 3 war bisher am schlimmsten. Mir wurde schwindlig, sobald ich den Kopf bewegt habe, und anscheinend gibt es außer fernsehen kaum eine Tätigkeit, bei der man den Kopf nicht bewegt. Mein Bauch hat sich angefühlt, als hätte jemand zwei liter Luft hinein gepumpt. :sick:

Jetzt ist es ein bisschen besser. Ich bin im Moment recht motiviert, beim Absetzen zu bleiben. :sports: Ein wichtiger Grund ist, dass dieser Absetzversuch schwieriger ist als der erste. Ich fürchte also, dass jeder Absetzversuch schwieriger ist als der vorige. Wie sind Eure Erfahrungen? :?:

Gestern habe ich auch endlich das Infopaket ausgedruckt, und gelesen. Auch wenn sich mein Zustand zur Zeit nicht sehr angenehm anfühlt, könnte es mir offensichtlich noch weit schlechter gehen. 8-)

Ein weiteres Argument erstmal nicht wieder mit dem Paroxetin anzufangen. Außer der Übelkeit habe ich auch leichte Wortfindungsstörungen. Gerade habe ich zu jemandem gesagt, er „läge am Schreibtisch". Ich freue mich leicht, bin aber ebenso leicht traurig. Gestern hätte ich beim Fernsehen beinahe geheult. Es ging um die Mauer zwischen den beiden Deutschlands.

Ich lese nun in dem Infopaket, dass auch Depersonalisierungsstörungen auftreten können. Ich kann mir darunter nichts vorstellen. Wie sieht das konkret aus? :?:

Gruß,

Lotus
1995 Selbstwertneurose, neurotische Depression, tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, Besserung ohne Medikamente
1998 schwerer Rückfall: 20 mg Paroxetin zur Antriebssteigerung,
Absetzversuch: von 02.02.05 bis Juni 05 null, ab Juni 05 10 mg Escitalopram
Diagnose: bipolar schizo-affektive Störung. Medikation: 600 mg Seroquel, 22,5 mg Mirtazapin, 40 mg Citalopram
Oliver
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Danksagung erhalten: 420 Mal

Beitrag von Oliver »

Hallo Lotus.

Ich weiß nicht, ob der Sprung von 10mg auf 0mg so eine gute Idee war - aber hoffen wir mal, dass es gut geht.

Was die Depresonalisation angeht hat Sven da sehr informative Sachen zu geschrieben: http://www.adfd.org/austausch/viewtopic.php?p=5959#5959

Ich drück Dir die Daumen
Oliver
Lotus
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Depersonalisierung

Beitrag von Lotus »

Hallo Oliver,

danke für den informativen Link. Jetzt macht mir das Wort Depersonalisierung keine Angst mehr. Ich kenne das Phänomen von meiner Depression.

Ich glaube auch, dass das schnelle Absetzen nicht gut ist, aber so bin ich: Stur wie ein Ochse und zäh wie ein Esel. Mal sehen, wie es weitergeht.

Danke für das Daumendrücken. Es ist nötig. :twisted:

Gruß,

Lotus
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Lotus
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Beitrag von Lotus »

Hallo liebes Forum,

heute war Tag 6 ohne Paroxetin. Es geht mir schon etwas besser. Mir ist immer noch etwas schwindlig. Ich bin emotional leicht berührbar. Ich schlafe unruhig. :)

Ich habe das Gefühl über mein Leben zu bestimmen, etwas, was ja an sich schon gut für die Psyche ist. Zufällig habe ich am Absetztag eine kleine Küchenmaschine gekauft. Die ist mir jetzt sehr nützlich. Ich versuche, möglichst viele und möglichst gesunde Mahlzeiten zu mir zu nehmen. Da ich darauf nicht eingerichtet war, habe ich die letzten Tage überwiegend mit Kochen und Abwaschen verbracht. Nicht gerade meine Lieblingsbeschäftigungen. :oops:

Seit dem ersten Absetzen führe ich ein Befindlichkeitstagebuch, wo ich aufschreibe, was ich esse, wie ich es verdaue, und was ich tue. Das hilft mir.

Gruß,

Lotus
1995 Selbstwertneurose, neurotische Depression, tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, Besserung ohne Medikamente
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upper
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Registriert: 07.02.2005 23:05

Gott segne die Pharmaindustrie und ihre willigen Lakaien

Beitrag von upper »

Zunächst erstmal: Herzlichen Glückwunsch zu Deiner Entscheidung Tagonis abzusetzen. Als ich es vor sechs Jahren tat (3 Wochen schleichend), hatte ich auch massiv die typischen Absetzsymptome.

Ich fand Tagonis zuerst sehr toll, denn es schien fast so gut wie Kokain meine Stimmung und meine sexuelle Leistungsfähigkeit zu steigern. Als ich es dann leid war, jeden Tag Pillen zu nehmen, entschloß ich mich, es nach drei Monaten Einahme wieder abzusetzen - mit den bekannten Folgen. Ich würde es nicht als Schwindel, sondern als elektrischen Stuhl bezeichnen. Albträume und Wahnvorstellungen inklusive. Manchmal wußte ich nicht mehr, ob ich wach war oder schlief.

Das einzige, was hilft ist "Augen zu und durch". Doch selbst nach Jahren und auch noch heute, habe ich diese Elektroschocks, insbesondere in Stressituationen. Als ich damals nach dem Absetzen und den folgenden 6 erneuten Suizidversuchen (zwei haben tatsächlich die Lichter fast ausgeknipst) wieder ein geliefert wurde, erklärte mir der Pillenpromotor (der Stationsarzt), lapidar: Das sei das Tagonis-Absetzsyndrom. Dankeschön. Meine Kokainabhängigkeit und meinen Extasy-Konsum hätte ich vielleicht auch ohne diese Substitution in den Griff bekommen. Aber damals hatte ich noch Vertrauen zur Pharmaindustrie und die sog. Ärzten.

Jedenfalls hat die Psychiatrie und die Zwangsmedikation mehr Wunden gerissen, als geheilt. Die Erfahrung als Laborratte hätte ich mir gern erspart und wäre vielleicht heute (6 Jahre danach) nicht so verbittert darüber. Ich kann nur jedem empfehlen: Haltet Euch fern von dem Psychiatrie-Karussell! Es reißt Euch immer tiefer rein. Freunde und Familie sind mehr wert, als alle Psychiater und Pillen auf dieser Welt.

Danke für Eure Aufmerksamkeit für mein Wort zum Montagabend.
Lotus
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Beitrag von Lotus »

Hallo upper,

hey, ich ich mag diesen sarkastischen Ton :D .

Ich hatte selbst lange mit Selbstmordgedanken zu kämpfen. Zeitweise war jeder Gang über die Straße eine Aufforderung mich mitten zwischen den Verkehr zu stürzen. Das hätte auch so schön weh getan. Ich wollte damals gerne unter starken Schmerzen sterben. Mit der Zeit ist es mir aber gelungen, die übliche Vereinbarung mit meinem Psychotherapeuten zu treffen. Ich hatte eine liebevoll gepackte Reisetasche im Flur stehen, und drei Telefonnummern. Außerdem hatte ich einen „sicheren Ort". Ich hatte mir vorgenommen, mir selbst keine Schmerzen zuzufügen, solange ich in diesem Sessel saß. Mit der Zeit mochte ich diesen sicheren Ort immer lieber, und heute ist mein ganzes Leben ein „sicherer Ort" geworden. Gibt oder gab es bei Deinen Selbstmordideen solche Mechanismen?

Ich war nie in einer Psychiatrie und habe die Pillen tatsächlich relativ freiwillig genommen, wenn auch nicht in voller Kenntnis der Risiken und Nebenwirkungen. Der Arzt und Psychotherapeut damals hat die Einnahme auch sehr aufmerksam begleitet. Ich vermute, er hat sich auch etwas dabei gedacht, dass er mich trotz hartnäckiger Selbstmordgedanken nicht in die Psychiatrie geschickt hat. Das wäre für ihn sicher bequemer gewesen.

Wenn man Familie und Freunde hat, ist das natürlich besser als die Psychiatrie. Ich habe aber nur einen guten Freund. Ich musste wegen der Erkrankung den Kontakt zu meiner Herkunftsfamilie abbrechen. Da auch schädliche Familien dem Menschen eine gewisse emotionale Stabilität geben, hat das Paroxetin mir sozusagen die Familie ersetzt. :vomit:

Bisher ist der Entzug bei mir noch relativ harmlos verlaufen. Dazu kommt, dass ich auch sonst ganz guter Dinge bin, und einiges mit Humor nehmen kann.

Gestern abend hatte ich Vorzeichen dieser Elektroschläge. Ich drehe den Kopf, und "bsss" ein Brummer fliegt mir durch den Kopf. War aber eher lustig als lästig.

Auf
http://www.paxilprogress.org/forums/sho ... php?t=8666
habe ich eine sehr detaillierte Beschreibung der Entzugssymptome gefunden. Was ich einordnen kann, ängstigt mich nicht mehr.
Danke für den Mut, den Du mir gemacht hast. Und:

Bring Dich nicht um!

Gruß,

Lotus
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Lotus
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Beitrag von Lotus »

Hallo liebes Forum,

heute ist Tag 9 eines Versuches, so zu absetzen, wie es in meinem Beipackzettel steht: „Die meisten Absetzerscheinungen sind leicht, lassen ohne Behandlung nach und können ein oder zwei Wochen anhalten." :haha:

Vorgestern war ich an der Uni. Dort fand ein Bücherbasar der Sinologie statt. Das ist eine Gelegenheit sehr gute Bücher sehr billig zu bekommen. In Bezug auf meine Entzugssymptomatik bedeutet es: Bücken, Bücherkiste durchgucken, dabei intensiv und konzentriert nachdenken. Dabei fortwährend nette Leute treffen, Kopf hoch, freundliche Bemerkungen machen. Kopf wieder ´runter. Viele alte Bücher stinken, der Raum ist klein, viele Menschen drin, und dann rauchen auch noch welche. Die Seminarräume sind muffig. Es herrscht viel Unruhe und durch die Fenster knallt die strahlender Wintersonne ´rein. Als ich nachmittags das Seminar verließ, war ich fix und foxi. :vomit:

Danach war ich beim Hausarzt, der übrigens von sich behauptet: „Keine Ahnung von Psychopharmaka zu haben". Dieser Hausarzt hat wegen der Nebenwirkungen von Paroxetin ein Blutbild von mir machen lassen. Dabei kam heraus, dass ich kerngesund bin, bis auf eines: Meine Schilddrüsenwerte seien zu niedrig, das sei eine häufig beobachtete Nebenwirkung von Antidepressiva, und würde genau die von mir geschilderten Symptome machen. Ich wünschte, ärztliche Unwissenheit würde sich häufiger auf diese Weise äußern. :)

Demnächst will er meine Schilddrüse per Ultraschall untersuchen. Er meint, wenn die Schilddrüse gesund wäre, wäre es klar, dass die schlechten Werte auf das Paroxetin zurückzuführen sei, und dann wäre mit dem Absetzen auch die Ursache des Problems beseitigt. Ich habe ihm auch meine Absetzsymptomatik geschildert. Die hat er aber nicht weiter kommentiert. Er meinte nur, er könne verstehen, dass ich wütend auf dieses Medikament sei. :)

Als ich zuhause war, bin ich schnurstraks ins Bett gegangen. Nach zwei Stunden war ich wieder wach, und habe mir die bewährte vitaminreiche Schonkost zubereitet. Danach ging ich wieder ins Bett, und hatte dann den electric head, ein Krampfgefühl im ganzen Kopf. Das war entschieden nicht mehr lustig. Gestern habe ich den Tag zuhause verbracht. Es war richtig anstrengend, Essen in mich hinein zu bringen. Abends hatte ich Kopfschmerzen wie bei einem Kater, und habe überempfindlich auf alles reagiert.

Heute bin ich wieder übererregbar und mir ist schwindlig. Bisher habe ich zwei Scheiben Brot mit Butter und Marmelade gegessen, und die auch gut vertragen.

Ich hoffe, ich schaffe es heute, Lebensmittel einkaufen zu gehen. Mehr erwarte ich von diesem Tag nicht.

Mein Schlaf-Wach-Rhytmus ist viel besser als unter Paroxetin. Ich schlafe nachts und bin tagsüber wach. Ich bin kein bisschen depressiv. :) Ich erlebe meine Gefühle intensiver, und wenn daran irgendetwas falsch sein sollte, dann bin ich vielleicht „zu" fröhlich. Das möchte ich aber lieber nicht abschaffen.

Gruß,

Lotus
1995 Selbstwertneurose, neurotische Depression, tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, Besserung ohne Medikamente
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upper
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Registriert: 07.02.2005 23:05

Beitrag von upper »

Das, was Du schreibst, klingt gut. Auch wenn es an meiner negativen Einstellung gegenüber Ärzten an sich nichts ändert. Du wirst es mit Sicherheit überleben, wenn Du darauf achtest, bei Grün über die Straße zu gehen :wink:

Ich kann Dir eigentlich nur meinen Ratschlag wiederholen: Gute Freunde und Angehörige machen Pillen überflüssig. Bei der Suche können natürlich Ärzte helfen. Ich muß zähneknirschend gestehen, daß mir ein Psychologe mit seinen Tips zum zwischenmenschlichen Umgang etwas geholfen hat. Nur ist es nötig irgendwann "allein zu fliegen". Viele schaffen das nicht, weil sie in eine Abhängigkeit zu ihrem Therapeuten geraten, die nicht selten auch so gewollt ist. :( Im Übrigen sind weniger Freunde oft mehr!

"In sich hinein horchen" ist ein guter Schritt, birgt aber auch die Gefahr, sich in einer Opferrolle einzunisten. Ich kenne Dich nicht und möchte deshalb auch nicht, daß Du das auf Dich beziehst. Nur habe ich während meiner Psychiatrie-Karriere sehr viele Patienten kennengelernt, die die Krücke "Therapeut" nicht ablegen wollten, da ihnen die Verantwortung für sich selbst nicht offenbar gemacht wurde. Viele Therapeuten haben da ganz gewiß Defizite.

Ich persönlich mochte mehr den Kumpel-Typ, der sich immer auf meiner Ebene bewegt hat und nicht die therapeutische Distanz zum Selbstschutz brauchte. Gefestigte Persönlichkeiten können auf diesen Panzer verzichten. Es war mir immer lieber, einem Menschen gegenüber zu sitzen, als einem Nervenbündel, daß seine eigene soziale Inkompetenz hinter therapeutischen Lehrbuchsätzen verstecken mußte. :sick:

Selbstmordgedanken habe ich inzwischen schon lange nicht mehr, auch nicht in extremen Streßsituationen. Das ist wohl auch ein Resultat der Erkenntniss, daß es Menschen gibt, die mich lieben und mich vermissen würden. Ein sehr guter Freund hat mir nach meinem letzten Suizidversuch gedroht: "Wenn Du das nächste Mal überlebst, schlag ich Dir die Fresse ein" Da können sich Therapeuten mal ein Beispiel dran nehmen :haha:

Genug für heute. Ich wünsche Dir weiterhin viel Erfolg, bei der Entwöhnung. Du wirst es schaffen. Zu hoffen bleibt auch, daß Tagonis am besten nicht mehr verschrieben wird. Ein Medikament, daß auf mich die Wirkung von Kokain hatte, halte ich prinzipiell für gefährlich.

Tschüß, upper
Lotus
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Beitrag von Lotus »

Hallo Upper,

ja, mein Hausarzt scheint okay zu sein. Ich kenne ihn noch nicht so lange.

Ich glaube nicht, dass ich dazu neige, mich von Therapeuten abhängig zu machen. Ich bin ziemlich belesen, und kann auch ganz gut denken. Allerdings fällt es mir immer noch schwer, so zu handeln, wie ich es für richtig halte. In meiner Herkunftsfamilie ging es richtig autoritär zu. Mittlerweile kann ich einige Ereignisse aufzählen, wo ich inhaltlich anderer Meinung war als andere Leute, und am Ende recht hatte.

Jetzt handle ich dann auch so, wie ich es für richtig halte. Aber den Leuten zu sagen, dass sie unrecht haben und ich recht, gelingt mir häufig nicht. Die Leute erleben mich dann halt als unnahbar und arrogant, und als dickköpfig (eben: Stur wie ein Ochse, und zäh wie ein Esel) Oder ich gehe weg. Eine Angewohnheit, die einen auf die Dauer einsam macht.

Die Qualität der einen Freundschaft ist tatsächlich hervorragend. :) Und es gibt viele zu Bekannte. :roll:

Ich finde, es ist ein Merkmal eines guten Therapeuten, dass er einen regelrecht von sich weg erzieht. So nach dem Motto: "Nun entscheiden Sie mal."

Ich habe einige psychiatrische Kliniken als Besucherin kennen gelernt. Anscheinend gibt es auch hier gute und schlechte. Nur hat man halt noch weniger Einfluss, wo man hin gerät, als bei niedergelassenen Ärzten, und es scheinen immer noch Orte zu sein, wo Psychopharmaka großzügig verteilt werden. Zwingen Sie einen eigentlich zu schlucken, wenn man selbst etwas nicht nehmen will? Ich vermute allerdings, dass sie nicht Josef Zehentbauers Medikamentenratgeber auslegen, was ich aber wirklich keine schlechte Idee fände.

Seit der industriellen Revolution richten wir alle unseren persönlichen Lebensrhytmus nach einer kleinen Maschine aus, die wir uns sogar auf das Handgelenk binden. Mein Eindruck ist, dass Psychopharmaka ein weiterer Schritt sind, Menschen sozusagen maschinengängig zu machen. Es geht dabei nicht darum, die Lebensqualität des Schluckenden zu verbessern, sondern darum, dass er nicht mehr auffällt.

Deshalb gefällt mir der Aufruf von Josef Zehentbauer so gut, Melancholie auch hinzunehmen und vielleicht sogar zu genießen. Im 18. Jahrhundert war das eine eigene Kulturform. Und was hindert uns eigentlich daran, mit Menschen zusammen zu leben, die mit Hallunzinationen leben? Jean Paul Sartre hatte in Phasen harter Arbeit den Eindruck, von einer Languste verfolgt zu werden. Er hatte Freunde, die in diesen Phasen bei ihm blieben.

In einer Welt, in der die Individualität der Menschen besser akzeptiert würde, würden wohl auch weniger Psychopharmaka verschrieben.

Gruß an alle,

Lotus
1995 Selbstwertneurose, neurotische Depression, tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, Besserung ohne Medikamente
1998 schwerer Rückfall: 20 mg Paroxetin zur Antriebssteigerung,
Absetzversuch: von 02.02.05 bis Juni 05 null, ab Juni 05 10 mg Escitalopram
Diagnose: bipolar schizo-affektive Störung. Medikation: 600 mg Seroquel, 22,5 mg Mirtazapin, 40 mg Citalopram
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