Zum ersten Mal in meinen doch schon bald 60-jährigen Leben bin ich Mitglied in einem Forum und der untenstehende Beitrag ist daher auch mein «Erstlingswerk». Ich habe in vielen von Euren Beiträgen geschmökert und staune dankbar, welche Vielfalt von Leben und Hoffnung trotz z.T. extrem schwierigen Geschichten mir da entgegenkommen.
Auch ich habe viele Fragen und möchte mich deshalb nun aktiv einbringen. Ich danke Euch für Eure Gegenfragen, Reaktionen und Antworten und freue mich auf einen regen und hoffentlich für alle Seiten hoffnungsmachenden Austausch.
Meine «Krankheitskarriere» könnt Ihr in der Signatur nachlesen. Ich werde versuchen, die Veränderungen zeitnaher und genauer zu dokumentieren als ich das in der Vergangenheit gemacht habt und die Signatur so aktuell zu halten.
Also: Wie Ihr meiner Signatur entnehmen könnt, kenne ich weder Psychose noch Schizophrenie aus persönlicher Erfahrung. Bei mir ging es immer um «rezidivierende Depressionen» und «generalisierter Angststörung».
Meinen Kontakt mit den ersten Psychopharmakas (PP) hatte ich mit knapp 30-jährig und von da an ging es munter durch die weite Palette von Antidepressivas (AD) und Benzos (BD). Bis zu meinem Entschluss zur Trennung und Wegzug vom Wohnort, wo ich 30 Jahre gelebt habe (= dieser ist immer noch das, was ich unter «meiner Heimat» verstehe und die ich immer noch sehr vermisse), habe ich immer irgendwie funktioniert, im Sinne, dass ich oft einfach wie ein Roboter das gemacht habe, was «man» halt so machen muss, wenn man drei Kinder hat und einen Mann, der mit meinen psychischen Problemen nicht hat umgehen können. Oft war ich in dieser Zeit nahe an einem Klinikaufenthalt, aber irgendwie ging es dann doch ohne – wie kann ich mir heute nicht mehr recht erklären!
Da mittlerweile offensichtlich war, dass AD’s bei mir nichts nützen, hat man dann im Jahr 2012 während meines ersten Klinikaufenthaltes mit Quetiapin (Q) begonnen und mir vorgeschwärmt, dass dies jetzt dann GANZ SICHER helfe, da es einen ganz anderen Ansatz als die AD’s habe… Tja, acht Jahre später (und nach meinem radikalen Bruch mit meinem alten Leben) und mit vielen Dosisänderungen von Q rauf und runter bin ich nicht weiter als vorher:
Ich leide nach wie vor unter Depressionen und einer generellen Angst (Ich schaffe das Leben nicht; ich «komme um» vor lauter Einsamkeit und Wurzellosigkeit, fühle mich nirgends daheim…)
Ich bin sehr antriebslos und sehr müde (körperlich wie «seelisch»), obwohl ich meistens subjektiv «gut» schlafe. Praktisch jede Nacht träume ich von meiner Heimat und von früher und erwache jeden Morgen dann mit einer grossen Trauer und dem Verlorenheitsgefühl. «Zum Glück» kommt mein Ex-Mann darin nie positiv konnotiert vor…
Nach eigenen Recherchen (wo ich unter vielem anderem auf «Euer» - jetzt «unser» Forum
Die seit der Einführung von Q gebliebenen und jetzt nach Beginn der Reduktion zusätzlichen Nebenwirkungen: Oft eine starke innere Unruhe und Trauer, auf nichts so recht Lust, keine Freude an schönen Dingen, seeehr antriebslos, muss (kann zum Glück?) mich zum Funktionieren zwingen (was ich mir ja «perfekt» antrainiert habe..).
Ich habe sicher 15 kg zugenommen, habe starke Magen- und Verdauungsbeschwerden, Gelenkschmerzen, bin oft unkonzentriert und mache vermehrt Fehler (im Job). Fühle mich wie hinter einer Glasscheibe, irgendwie unerreichbar und sehr isoliert und alleine. Möchte oft weinen und es geht einfach nicht, ziehe mich zurück, pflege die wenigen neuen Sozialkontakte nicht mehr und vieles mehr, was ich dann nach und nach detaillierter beschreiben werde, wenn es an der Zeit ist.
Auch noch wichtig: beruflich bin ich (noch) gut eingebettet, habe aber oft auch Angst, dass ich diesen Anforderungen in meinem Zustand nicht mehr gewachsen bin. Und ich habe seit knapp zwei Jahren auch wieder einen Partner, der mich viel mehr unterstützt als mein Exmann.
Aktuell frage ich mich:
- Leide ich schon jetzt unter protrahiertem Absetzerscheinungen («Q-Dosiskarussel» rauf und runter?)
- Wisst Ihr von speziellen und/oder anderen Absetzerscheinungen, wenn man NL’s bei Depressionen und Angststörungen eingesetzt hat? NL’s sind ja nicht die Medis erster Wahl bei meinem «Krankheitsbild».
- Habt Ihr Tipps, ob ich langsamer oder schneller ausschleichen kann/darf/soll, damit dieses Leiden weniger und kürzer wird, denn:
- So was ich kapiert habe, habe ich Lorazepam ja relativ schnell runtergefahren (siehe Signatur). War das ev. doch zu schnell und habe ich jetzt auch hier protrahierte Symptome?
Mein jetziger Arzt hat mir empfohlen, auf dem Lorazepam-Äquivalent von 0.6mg/d zu bleiben, damit ich Absetzerscheinungen von Q besser vertrage. Das leuchtet mir ein und ich habe irgendwo im Forum auch einen Artikel darüber gelesen: Benzos seien ev. leichter auszuschleichen als NL’s. (https://arznei-news.de/absetzsyndrom-psychopharmaka/#a1 ) Und es entspricht auch meiner Erfahrung, denn:
- Sobald ich mit dem Ausschleichen von Q begonnen habe, sind die Nebenwirkungen (vor allem Unruhe, Angst, vermehrt depressiv) stärker geworden. Und ich habe ja jetzt seit dem September 19 erst 15mg meiner insgesamt 200mg Q ausgeschlichen, also nicht einmal 10%!!
- Soll ich in nächster Zeit 5 mg Q (= eine meiner Kapseln) weniger nehmen oder in meinem Zustand besser zuwarten damit?
Herzlichen Dank Euch allen für Eure Antworten, Anregungen… und habt trotz Euren Schwierigkeiten und Corona möglichst frohe Tage vor Euch!