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Umgang mit depressiven Episoden

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Straycat
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Umgang mit depressiven Episoden

Beitrag von Straycat »

Hallo ihr :)

Depressive Episoden können Teil einer Grunderkrankung sein und genauso auch als Symptom während des Absetzens oder nach dem Entzug auftreten.
Da ich nun schon seit bald 20 Jahren an Depressionen leide, würde ich gerne hier alle hilfreichen Tipps/Strategien zum Umgang mit diesen Episoden zusammentragen. Viele davon habe ich von anderen erhalten oder selbst über die Jahre entdeckt bzw. gesammelt.
Da mir Antidepressiva nie (dauerhaft) gegen meine Depressionen geholfen haben, musste ich lernen, anders damit umzugehen. Deswegen stehen von mir auch bewusst keine Präparate oder ähnliches in der Liste, sondern Anregungen, was man tun kann, um besser damit umzugehen.

Viele der unten stehenden Sachen sind sicherlich keine bahnbrechenden neuen Erkenntnisse, aber vielleicht findet sich ja das ein oder andere hilfreiche für jemanden. Und vielleicht können ja auch andere hier noch das schreiben, was ihnen hilft und diese Liste ergänzen :)


Was mir dagegen hilft:

Prophylaxe - Dinge, die ich tue, damit möglichst keine depressiven Episoden kommen:
  • Regelmäßige Bewegung an der frischen Luft. Klingt so einfach, ist es aber nicht. Und es ist erstaunlich, was das der Psyche bringt (exzessiver Sport kann im Entzug ja schnell mal triggern, deswegen würde ich da eher etwas moderates machen, wie einen Spaziergang oder eine kleine Runde mit dem Rad fahren).
  • Ausgewogene Ernährung: Ich achte darauf, dass ich mir immer wieder gesunde Sachen zum Essen koche. Möglichst abwechslungsreich. Dazu zelebriere ich das Einkaufen auch regelrecht, kaufe mir bewusst Nahrungsmittel in bester Qualität und suche mir immer wieder mal neue Rezepte, die ich ausprobiere.
  • Meditation: Egal welche Form, einfach was einem zusagt. Das Wichtige ist eher die Regelmäßigkeit des Praktizierens. Dazu muss ich sagen, dass mir das nur in Phasen ohne Depression möglich ist. Wenn ich erstmal depressiv bin, klappen Meditationen meist nicht.
  • Prinzipien der Achtsamkeit: Immer wieder innehalten und achtsam in mich hineinhören, wie es mir geht. Verschiedene Techniken aus der Achtsamkeitsbasierten Therapie (auch Mediationen, wie der Body-Scan, Atemmeditationen). Hier gibt es auch einen Thread zum Thema Skills und Achtsamkeit (DBT-Konzept) mit hilfreichen Tipps.
  • Wenn die Depression erst "im Anflug" ist, ich erst spüre, dass ich zunehmend träger, lustloser und freudloser werde, kann es hilfreich sein, wenn ich spontan etwas unternehme. Meistens helfen aktivierende Tätigkeiten, wie ein Spaziergang oder Gartenarbeit etc. besser, als passive (Film schauen, lesen etc.).
Umgang mit der Depression, wenn sie gerade präsent ist:
  • Akzeptanz: Wenn die Depression erst mal da ist, hilft es mir, nicht aktiv dagegen anzukämpfen und sie "weg bekommen" zu wollen. Ich versuche sie als ungebetenen aber bekannten Gast einfach zu akzeptieren. Sie darf dann ihre Zeit bei mir verweilen, bis sie weiterzieht. Das Ankämpfen gegen diese Zustände habe ich jahrelang versucht. Es hat mich viel Kraft gekostet und ausgelaugt und war für mich leider meist kontraproduktiv.
  • Ich führe ein Tagebuch über meine Stimmungen und Wahrnehmungen. Wenn ich dann eine depressive Episode habe, lese ich bewusst die Aufzeichnungen der guten Tage, um mir vor Augen zu führen, dass bisher noch jede Episode auch wieder zu Ende war. Während einer Episode kann man das oft einfach nicht fühlen, aber man kann dann zumindest auf das vertrauen, was man liest.
  • Ich gönne mir bewusst etwas gutes zu essen. Auch wenn ich während einer Episode praktisch keinen Appetit habe und keine Lust zu kochen odgl. Dann bestelle ich mir zumindest ein gesundes gutes Essen und versuche es, so gut wie möglich zu genießen.
  • Ich stelle mir kleine Aufgaben, die ich noch erledigen kann. Das können wirklich winzige Dinge sein, wie das Ausräumen der Spülmaschine odgl. So habe ich dann wenigstens etwas geschafft, das ich mir vorgenommen habe.
  • Malen oder Zeichnen: Dabei steht nicht das Kunstwerk im Mittelpunkt, sondern das zu zeichnen oder zu malen, was ich gerade fühle. Aussprechbar sind diese Gefühle oft nicht, aber man kann es manchmal bildlich ausdrücken. Und dadurch kann man es auch besser akzeptieren oder loslassen - so ist das bei mir zumindest. Auch das Ausmalen von Mandalas oder ähnliches kann helfen, weil man einfach mechanisch etwas tut und darin "versinken" kann.
  • Weinen: So banal das klingt, aber es kann etwas befreiendes und reinigendes haben, die Tränen einfach mal laufen zu lassen. Oft weiß ich dann gar nicht worüber ich gerade weine, es ist einfach so, dass mir stundenlang die Tränen runterlaufen. Nachher gebe ich Gurkenscheiben auf die Augen, weil ich dann wie ein verquollener Alien aussehe ;-)
  • Körperpflege: Einfach eine heiße Dusche oder ein Bad, den Körper eincremen, das vom Weinen verquollene Gesicht mit kühlenden Cremen beruhigen. Mir hilft das, um wieder mehr "bei mir" zu sein und mir etwas gutes zu tun.
  • Keine Entscheidungen: Während einer akuten depressiven Episode ist es mir unmöglich Entscheidungen zu treffen. Kleine Dinge, wie was ich zum Essen einkaufen will, können mich schon überfordern, erst recht große wichtige Entscheidungen. Ich lasse das dann lieber komplett sein. Und bei Alltagsentscheidungen (wie, was ich esse) lasse ich dann auch einfach mal meinen Partner entscheiden. Entscheidungen wie Dosisänderungen der Medikamente oder dergleichen ist absolut tabu - in so einer Situation könnte ich da keine vernünftige Entscheidung treffen, weil ich einfach alles als hoffnungslos empfinden würde. Da ist es besser ich lasse es in solchen Zeiten.
  • Keine Interpretationen/Bewertungen: Es ist oft naheliegend, dass man interpretieren will, woher die Depression kommt und was man denn dagegen hätte tun können. Allerdings ist so etwas - zumindest bei mir - während einer depressiven Phase meist kontraproduktiv. Der Blick ist so "geschwärzt" von dem Gefühl der Hoffnungslosigkeit, dass man alles sehr negativ bewertet. Mir hilft es da einfach hinzunehmen, dass es gerade so ist und mich in Geduld zu üben. Die Phasen und möglichen Auslöser kann man in nicht-depressiven Phasen mit einem Therapeuten oder nahestehenden Personen erörtern.
  • Kein schlechtes Gewissen: Ich neige dazu in depressiven Episoden immer ein sehr schlechtes Gewissen zu haben. Alle anderen schaffen es ja auch, dass es ihnen gut geht und ich mache dann meiner Familie und meinen Freunden nur Sorgen mit den Depressionen, wieso strenge ich mich nur nicht mehr an, etc.. Dieses schlechte Gewissen ist aber absolutes Gift. Deshalb versuche ich mir das auch immer vor Augen zu führen, dass ich keines haben muss, nur weil ich depressiv bin. Hätte ich zB eine Pollenallergie und könnte deshalb wenig raus gehen und würde ständig niesen, dann würde ich deswegen ja auch kein schlechtes Gewissen haben ;-)
  • Glückstagebuch: Das hört sich bei Depressionen vielleicht paradox an. Aber ich versuche dann jeden Tag zumindest 3 klitzekleine Dinge zu notieren, die positiv sind. Das kann der Geruch von der frisch gewaschenen Wäsche sein, 5 Minuten Sonnenschein in der Früh, ein liebevoller Satz von meinem Partner, und und und. Ich glaube, dass Energie der Aufmerksamkeit folgt. Und so kann man die Energie wieder auf das Positive lenken. Das kann die Abwärtsspirale in einer Depressionen zumindest etwas hemmen oder gar durchbrechen.
  • Moderater Schlafentzug: Das ist etwas, das man sicherlich besser langsam für sich austesten sollte, wie es einem bekommt. Aber mir hilft es, wenn ich mir den Wecker stelle und nicht zu viel schlafe (nicht mehr als 8 Stunden), da sich meine depressive Symptomatik bei zu viel Schlaf verstärkt. Im Entzug ist der Körper aber oft ziemlich erschöpft von dem was er leistet, da kann vermehrter Schlaf schon durchaus mal gut sein - also ist das keine Pauschalempfehlung (eher eine individuelle Beobachtung bei mir selbst).
Manche Sachen aus der Liste kann ich auch nicht immer ausführen. Es kommt auch immer auf die Heftigkeit der Depression an und wie akut sie gerade ist. Dann hilft es mir, mich nicht zu stressen oder mir zu sagen "du solltest" - denn das erzeugt noch mehr Druck. Einfach das machen, was gerade geht.

Falls ihr noch weitere Strategien oder Tipps gegen - oder eigentlich besser "während", weil man schlecht wirklich etwas "dagegen" tun kann - depressive Zustände habt, schreibt sie gerne hier :)

Alles Liebe,
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Re: Umgang mit depressiven Episoden

Beitrag von Klaringel »

Hallo,

danke liebe Cat für deine Mühe.

Meine Depression 2018 dauerte genau 7 Monate und war dann von einem Tag auf den Anderen weg. Was es jetzt gerade bei mir ist - ich habe keine Ahnung. Es ist der Depression ähnlich und dann doch wieder nicht. Während der Depression gab es keine guten Stunden oder sogar Tage, höchstens mal erträglichere Stunden.

Was mir am meisten geholfen hat - RUHE. Es war Frühling/Sommer und ich konnte stundenlang mit geschlossenen Augen in der Sonne sitzen und vor mich hin träumen von besseren Zeiten. Geschlafen habe ich dabei nie.
Irgendwann war mir dann das doch zu langweilig und ich fing langsam an, wieder etwas zu unternehmen. Ich traute mich wieder unter Leute, obwohl ich mich dabei nicht wohl fühlte. Langsam verlängerte ich die Zeit und es wurde immer besser.

Am schlimmsten während dieser Zeit war die Antriebslosigkeit. Haushalt und Garten, Einkaufen ging alles auf Sparflamme. Meinen Hobbies konnte ich aber nicht nachgehen. Das ist gerade jetzt auch wieder so. Ich denke das AD spielt da auch mit rein.

Ich habe es aber fast immer geschafft, mindestens zweimal in der Woche zum Sport zu gehen.

Zusätzlich geholfen haben noch Strategien, die Cat oben schon beschrieben hat.

Alles Gute
Klaringel
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Verankh
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Re: Umgang mit depressiven Episoden

Beitrag von Verankh »

Hey Cat,
viel lieben Dank für deinen tollen Beitrag. Es ist sehr interessant zu lesen, und auf eigenen Situation anzuwenden.

Ich glaube das, was du schreibst, kann man auch anwenden, wenn es einem nicht so gut geht, nicht nur bei Depri. Vieles davon hilft mir auch gut.

Ich mache gerade ein MBSR Kurs, da geht es um Stress Reduction durch Achtsamkeit. Schon interessante Sache. Nur im Moment habe ich nicht so gute Kondition und mir wird alles schnell zu viel und die Übungen muss man regelmässig machen. Im moment gar nicht mein Fall.

Na ja, schnief, irgendwann kommen auch gute Zeiten wieder.

Liebe Grüsse,
Vera
03.2013 PPD+ Zwangstörung - keine Medikation, da ich sicher war, es selber auf die Reihe zu kriegen. Hatte 1 Jahr Therapie mit dem Therapeuten, der keine Ahnung vom Zwang hatte,

Sommer 2015 Therapie abgebrochen, da es mir nur schlechter ging.

09.2015 - Geburt 3ttes Kindes und erneut PPD nur mit massive Zwangstörung, was ich wieder gehofft habe, alleine zu beweltigen.

05.2016 Aufenthalt in der Mutter-Kind Tagesklinik. Medikation 75 mg Sertralin + Therapie 1,5 Jahre.

Irgendwann Ende 2017 Verhaltenstherapie gestartet.

02.2019 Sertralin Reduziert auf 50 mg, keine Bemerkbare NW. Nur deutlich sprürbar geworden.

04.2019 wieder reduziert auf 25 mg, 1 Woche nach Reduktion erste Symptome, was ich überhaupt nicht mit der damahligen Dosis in Verbindung gebracht hatte: mir war kalt, ich war gereizt, ungeduldig, immer negativ/schwarz sehen, alles war so anstrengend.

Ende 05.2019 - 0 mg. So wie der Arzt verordnet hatte. Seit dem bleibt es auch so. Ich bin immer noch bei 0.

Durch Glück oder Unglück je nach dem, wer was sehen mag, waren meine beide Arzt und Therapeutin in den Ferien und nicht erreichbar. Ich habe das Schlimmste überstanden (hoffe ich zumindest), alleine, dank Forum und Glauben, dass es vorüber geht.

Zur Zeit nehme ich Pascoflair nach bedarf,
Omega 3+Vitamin D, Magnesium.

Gönne mir Ruhe, wo es nur geht. Versuche auf mich zu achten.
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Re: Umgang mit depressiven Episoden

Beitrag von Straycat »

Hallo ihr Lieben,

da ich mit Gabi in ihrem Thread zum Thema Antriebslosigkeit und Depressivität im Entzug geschrieben habe, ist es mir wichtig hier noch etwas zu ergänzen bzw. zu präzisieren:
Straycat hat geschrieben: 13.02.2020 09:44
  • Regelmäßige Bewegung an der frischen Luft. Klingt so einfach, ist es aber nicht. Und es ist erstaunlich, was das der Psyche bringt (exzessiver Sport kann im Entzug ja schnell mal triggern, deswegen würde ich da eher etwas moderates machen, wie einen Spaziergang oder eine kleine Runde mit dem Rad fahren).
Man liest sehr häufig, dass Sport gegen Depressionen hilft und dazu gibt es meines Wissens nach sogar schon Studien.
Dabei wird häufig etwas wie 30-40 Minuten Herz-Kreislauf-Training täglich empfohlen.

Allerdings ist es so, dass viele Menschen im Entzug depressionsähnliche Zustände erleben und eine Erschöpfung, die einer depressiven Antriebslosigkeit sehr ähneln können.
Meiner Meinung nach ist es bei so einem entzugsbedingtem Zustand nicht unbedingt hilfreich, täglich Sport zu machen. Im Gegenteil, das kann ziemlich triggern.

Das folgende sind nur meine Gedanken und ich habe keinen Beleg dafür:
Bei einer Depression wird man häufig immer schwächer und müder aufgrund der Inaktivität - bzw. man ist traurig und hoffnungslos, hat deshalb wenig Antrieb und die wenige Bewegung verschlimmert wiederum die Depression (ein Teufelskreis). Man fühlt sich von kleinsten Alltagsaufgaben schon überfordert und erschöpft. Da kann eine aktivierende Tätigkeit, wie zB Sport recht gut helfen, den Teufelskreis zu durchbrechen. Man bewegt sich und macht Sport, Sport setzt Glückshormone frei, man spürt den Körper mehr und das wiederum hilft aus einer Depression heraus. Allerdings muss ich festhalten: Das klappt vielleicht bei einer leichten oder beginnenden Depression - wenn man erstmal ganz tief drin ist, klappt es - zumindest bei mir - meistens nicht mehr.
Aber beim Entzug ist diese Erschöpfung (die sich vielleicht schnell auch ähnlich wie eine eine Antriebslosigkeit fühlen kann) ja durch ein überreiztes ZNS begründet. Das ZNS arbeitet auf Hochtouren, um sich der reduzierten Dosis anzupassen. Dabei kann es auch zu einer Erschöpfung kommen, weil der Körper einfach "überlastet" ist. In solchen Situationen dann täglich Sport zu machen, wäre wohl ziemlich kontraproduktiv. Zumal Sport auch massiv triggern kann.

Carlotta :) hat unlängst bei einem Mitglied geschrieben, dass sehr häufig Entzugssymptome als eine Art "Grunderkrankung" (oder vermutlich auch neue psychische Erkrankung) falsch gedeutet werden. Und dann wird diese "Erkrankung" therapiert, statt dass die Entzugssymptome erkannt und entsprechend darauf eingegangen wird.
Das hat mich auch dazu gebracht über dieses Thema noch mehr nachzudenken und deswegen will ich das auch gerne an dieser Stelle ergänzen: Entzugsbedingte Depression (bzw. depressionsähnliche Symptome als Entzugssymptome) und Depression sind meiner Ansicht nach einfach nicht das gleiche. Und es wäre wohl in vielen Fällen kontraproduktiv, wenn man hier verschiedenes mit gleichem "behandelt".
Wobei auch hier festzuhalten ist, dass eine Depression keine Erkrankung ist, die man messen kann, wie zB eine Infektion. Es gibt keinen "Erreger" der nachgewiesen werden kann und die Auslöser für eine Depression sind schlichtweg noch nicht gefunden. Diagnostiziert wird eine solche "Erkrankung" oder eben "psychische Störung" durch einen Fragenkatalog. Also auch bei einer "normalen" (nicht entzugsbedingten) Depression ist es zweifelhaft, wie so eine "Diagnose" zu Stande kommt. Da ist die Forschung einfach noch nicht weit genug.

Ich hoffe es ist verständlich, was ich mit diesem Beitrag aussagen möchte.
Über Ergänzungen, Antworten etc. freue ich mich :)

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Re: Umgang mit depressiven Episoden

Beitrag von Michael808 »

Hallo allerseits,

da stimme ich volkommen zu! Die entzugsbedingte Depression ist nicht das gleiche, wie die „Grunderkrankung“ und sollte natürlich schon gar nicht mit weiteren Psychopharmaka behandelt werden.

Aus der echten Depression bin ich selbst immer dadurch herausgekommen, dass ich irgendwann aufgab, dagegen anzukämpfen.

Das schwierige war für mich immer, dass ich den Zustand der Akzeptanz bei Depression nicht auf Knopfdruck herbeiführen konnte. Ich glaube, dabei hat mir diesmal die ABC(DE)-Theorie geholfen. Ich betrachtete es einfach als Spiel und sagte mir: Du beschäftigst dich doch eh dauernd mit negativen Gedanken und verschwendest deine Zeit. Warum nicht mal die Zeit mit etwas verschwenden, das bestenfalls positiven, aber keinen negativen Effekt hat? Also habe ich das Spiel gespielt, jeden Gedankengang nach ABC zu analysieren und zu bewerten. Keine 2 Wochen später war die Depression dann vorbei. Die Ärzte nennen das „spontane Remission“. Ich hatte eine solche Remission nun bereits 4 Mal und kann darin nichts spontanes sehen – diesem Ereignis muss meiner Meinung nach etwas vorausgehen, dass die Remission bedingt. Und das nenne ich einfach mal den Zustand der Akzeptanz, nachdem man gemerkt hat, dass man nicht dagegen ankämpfen kann. Ich hänge hier mal eine Grafik an, die das verdeutlicht.
depr.gif

Was ich grundsätzlich als Entspannungsübung empfehlen kann, ist die 4-7-11-Atmung. Man atmet 4 Sekunden lang ein, dann 7 Sekunden aus und das in Schleife 11 Minuten. Ja, die Zahlen sind dabei nicht so wichtig. Vielleicht hat sich das jemand ausgedacht, der aus Köln kommt :D Wichtig ist nur, dass man das eine Weile lang macht und dass das Ausatmen immer ungefähr doppelt so lange dauert, wie das Einatmen. Ich arbeite gerade an einem kleinen HTML-Dokument, das man im Browser öffnen kann und das einem den „Rhythmus“ vorgibt. Der Plan ist, dass das Ding die Farbe wechselt und man das bei der Arbeit am Computer im Hintergrund laufen lassen kann, damit man sich während der Übung trotzdem auf's wesentliche konzentrieren kann (das kann ich hier dann gerne Teilen, wenn ihr wollt).

Jedenfalls vielen Dank für diesen Thread! Den halte ich für sinnvoller, als den Großteil dessen, was ich im Forum depression-diskussion.de gelesen habe, als ich noch depressiv war.

LG
Michael
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Re: Umgang mit depressiven Episoden

Beitrag von Michael808 »

... nachdem ich gestern die Sendung „Glück auf Rezept“ in BR alpha gesehen habe, möchte ich noch ergänzen:
Biografisches Glück

Den Begriff kannte ich bislang nicht, aber habe das Konzept wohl schon intuitiv angewandt. Gemeint ist damit: Es kann helfen, in der eigenen Vergangenheit nach Erfolgen und schönen Erlebnissen zu suchen. Die dürfte es für die meisten Menschen durchaus gegeben haben. Leider nutze ich selbst kein Social Media oder führe Foto-Alben – das beides ist ideal, solche Erinnerungen hervorzubringen (mir hat glücklicherweise geholfen, alte Musikproduktionen von mir anzuhören).

Die o.g. Sendung kann man sich durchaus mal in der Mediathek anschauen. Es werden zwar nicht so sehr die schlimmen Nebenwirkungen und Langzeitschäden von PP thematisiert, dafür aber kritisch auf die Verschreibungspraxis und die Rolle der Pharma-Industrie eingegangen. Was mir sehr gut gefallen hat: Die Erfolgsaussichten durch PP-Konsum werden mit denen von Drogen verglichen. Dieser Darstellung nach sind PP nichts anderes als Drogen :party2: Das sehe ich ganz genauso. Sie erzeugen Glück (wenn überhaupt) auf chemische Weise und das kann auf Dauer nicht funktionieren, weil sich der Körper dran gewöhnt. Genauso ist es bei Drogen auch, das kann ich aus eigener Erfahrung (Cannabis) bestätigten. Nimmt man sie in langen Abständen, wirken sie. Nimmt man sie täglich, wirken sie nicht mehr.

LG
Michael
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