Erfahrungsbericht von Lukas (Olanzapin und Abilify erfolgreich abgesetzt)
Verfasst: 15.05.2016 14:55
Mein Einstieg
Damals hat mir die neue Diagnose gefallen – bipolar zu sein fand ich besser als Borderline zu haben. Und nach einigen erfolglosen Psychotherapien bin ich dankbar auf den Pillenzug gesprungen. Als die Ärztin die Praxis verließ, schenkte ich ihr einen riesigen Blumenstrauß und meinte, Olanzapin würde mir enorm helfen (lief damals unter Zyprexa).
Ja, die quälenden Selbstzerfleischungs-Gedanken waren wie weggeblasen, was für mich die Welt bedeutete. Auch die stechenden Schmerzen, die phasenweise auftauchten, sobald ich mich entspannte, waren kein Thema mehr. Was ich aber natürlich nicht wissen konnte, ist wie es die nächsten Jahre weiterging...
Wie ich auf Abilify kam
Nach einigen Jahren auf Olanzapin kamen diese Gedanken zurück, genauso wie die Schmerzen. Und das Müdigkeitsproblem, das ich schon aus Jugendtagen kannte, hatte sich weiter verschlimmert. An guten Tagen habe ich „nur“ zwölf Stunden geschlafen, das waren drei mehr als für mich üblich.
Gut, dann eben das nächste Medikament, dachte ich mir. Die Wahl fiel auf Aripiprazol (Abilify). Dass der verschreibende Experte ein siebartiges Gedächtnis hatte, beeindruckte mich nicht weiter (ein paar Mal in einer Sitzung danach zu fragen, welches Medikament ich aktuell nehme, sollte einem zu denken geben). Ich wollte einfach nur das Rezept, das mir zu einem guten Leben verhilft.
Das gute Leben ließ aber lange auf sich warten...
Die verhunzte Ausbildung
Die zurückgekehrten Selbstzerfleischungs-Gedanken, Schmerzen und Schlafprobleme waren nur der Anfang. Es kam eine weitere Ausbildung dazu, die ich in den Sand setzte. Es fing damit an, dass ich von heute auf morgen nicht mehr aus dem Bett kam. Als mir meine WG-Genossen auf‘s Dach stiegen, stellte ich auch keinen Wecker mehr. Zugegeben, wenn es mir nicht so egal gewesen wäre, mir wäre so ein ewiges Klingeln, bis das Ding von alleine ausgeht, auch auf den Geist gegangen.
Die unentspannte Ausstrahlung
Auf den Passfotos hatte ich einen Gesichtsausdruck wie ein Durchgeknallter, wobei die vielen zusätzlichen Kilos diesen Anschein verstärkten. Eine Ausbildungskollegin war auch so nett mir das zu bestätigen („Du hast so einen starren Blick“).
Die Ekel-Zunge
Über meine Zunge legte sich über lange Zeit eine Pilzschicht – vorne etwas schleimig und weiß, hinten genauso schleimig, aber in gelb. „Das sehen wir öfter bei Patienten, die schon länger Psychopharmaka genommen haben“, meinte ein Allgemeinarzt. Ist zwar nicht schön, muss ich aber wohl schlucken, war ich überzeugt. Hauptsache, ich bekomme mein Leben hin. Und es braucht schon eine Freundin, um küssen zu können...
Die unheimlichen Ständer
Wo wir bei diesem Thema sind - es heißt, seinen Lümmel nicht hochzubekommen gehört zu den häufigeren Problemen von psychiatrischen Medikamenten. Eins kann ich euch aber sagen: es ist auch nicht gerade ein erhabenes Gefühl, wenn das Dödelchen sich selbstständig macht und gegen den Besitzerwillen zur Höchstform aufläuft – es lebt sich anders, wenn man sich immer wieder Gedanken dazu machen muss, wie die Ausbeulung in der Hose verdeckt werden kann. Und die einzigen Reize, die diese Anschwellungen brauchten, waren die besagten Pillen und zuwenig Schlaf – Gedanken an Sex kamen dabei nie auf, dafür waren die Gliedschmerzen zu groß und der Moment denkbar unpassend.
Die fehlenden Orgasmen
Als ich eines Tages dann doch eine Partnerin gefunden hatte, waren zwar diese unheimlichen Ständer kein Thema mehr, dafür konnte ich keine Orgasmen bekommen. Und das nicht, weil wir es etwa zu zaghaft oder zu kurz versucht hätten. Ein Freund meinte einmal im Scherz, ich könne daraus eine Tugend machen und in Pornos auftreten. Kein so schöner Gedanke, wie ich fand.
Die uncoole Art Wasser zu lassen
Dann war da noch etwas mit dem Urinieren. Wenn das beste Stück es sich nach getaner Arbeit wieder in der Hose gemütlich machte, kamen einzelne Tröpchen nach.
Das alles hat damals mein Verhältnis zu den Pillen aber nicht eintrüben können. Diese Probleme hatte ich ja nicht jeden Tag vom Jahr und ich wollte doch so sehr zu meinem Leben kommen...
Abilify bekommt ein Solo
Olanzapin und Abilify liefen ein paar Wochen ersteinmal gleichzeitig. Ersteres setzte ich dann auf Empfehlung vom Experten von heute auf morgen ab, was zum Glück keine spürbaren Folgen hatte.
Ein paar Jahre später hatte ich aber immer noch nicht mein Leben hinbekommen. Dafür war ich ein regelmäßiger Gast der Krisenintervention, sprich bei der psychiatrischen Abteilung, die gerade ein Bett frei hatte (ein Flur konnte da auch mal reichen) und suizidale Notfälle aufnahm. Für alle, die sich damit auskennen – es war meist eine fakultativ geschlossene Einheit.
Mein Intermezzo mit Antidepressiva
Es gab noch eine Zeit, in der ich verzweifelt verschiedene Antidepressiva und Lithium ausprobierte, die ich alle nur für maximal einige Monate nahm und wegen üblen Verschlimmerungen abrupt fallen ließ. An der Stelle möchte ich es aber dabei belassen und komme gleich zu meinen Ausstiegs-Erfahrungen.
Mein Komplett-Ausstieg
Das Abilify schlich ich von 20 mg über viele Monate und in kleinen Schritten auf 5 mg runter und setzte es gegen den Widerstand der Ärztin vollständig ab - ich könne doch bei der Dosis bleiben, das hätte einen stabilisierenden Effekt bei Patienten mit Borderline, was ich mit „Ach du Schreck, ist die naiv!“ überging.
Einmal hatte ich mich inzwischen auf Mad in America umgeschaut und wusste daher, warum ich dieses Zeug nicht mehr wollte. Dazu war ich offiziell nicht mehr „krank“, denn meine Traumabearbeitung ist recht gut gelaufen und ich erfüllte nicht mehr die Diagnosekriterien für die Borderline Persönlichkeitsstörung, wie es so schön heißt (ich vergesse für einen Moment, dass ich das Diagnose-System vollständig der Tonne zugeführt habe).
Die Zeit direkt nach dem Absetzen
Wenige Tage nach der letzten Dosis schlitterte ich immer tiefer in einen körperlichen Zustand, der mir in dieser Heftigkeit neu war. Selbst Arbeiten am PC wurde zu einer größeren Anstrengung. Meine Arme waren zu schlapp, um die Hände auf die Tastatur zu bekommen. Das ging einige Wochen, bis ich mit Globulis und natürlichen Nahrungsmittelergänzungen langsam wieder zu kräften kam (zu meiner Überraschung wirkten die homöopatischen Mittel tatsächlich).
Als kleine Randnotiz: meine massiven Nährstoffmängel standen schon seit längerem in meinen Akten, ohne das jemand mir das gesagt hätte. Darunter waren zum Beispiel die Vitamine D3, B und zusätzlich Eisen. Allein diese drei Mängel hatten massive Auswirkungen auf meine Gedankenwelt, Gefühle und Körper. Aber das ist eine andere Geschichte, auf die ich vielleicht später ausführlicher eingehe.
Mit dem Absetzen hörte die Taubheit auf (und veränderte viel)
Huch, ich bin ein Mensch!
Kurz nach dem Absetzen fing es mit Brustschmerzen an, wenn ich emotional unter die Räder geraten bin, was ich als eine natürliche Reaktion auf den Stress empfunden habe. Sowas aber auch, ich lebe?!
Mein Körper meldete seine Problemstellen (und ich bekam es mit)
Als nächstes sind die Muskelschmerzen im Bein wieder aufgetaucht, die ich die gesamte Zeit auf Medikamente nicht mehr hatte. Stellte sich heraus, sie wollten mir etwas erzählen und verschwanden wieder, als ich eine zeitlang mich auf natürliche Weise um meinen Magnesiumhaushalt kümmerte. Manchmal kommen sie auch heute wieder, was aber recht schnell mit einer kleinen Magnesium-Kur geregelt ist.
Adé Schmerzen
Die krassen Gelenkschmerzen, die mir es unmöglich machten meinem Lieblingssport Joggen nachzugehen, verschwanden vollständig, ohne dass ich gezielt etwas dafür getan hätte. Mann, war das ein Genuss endlich wieder nach Lust und Laune sprinten zu können!
Hallo Geschmack!
Besonders gut errinnere ich mich, wie ich eines Tages beim Essen eine Geschmacksexplosion hatte. Es war so, als wären meine Geschmacksknospen angesprungen. Auch wenn ich mich recht schnell an das neue Niveau gewöhnte, die intensiven Wahrnehmungen tragen auch heute noch sehr zu meiner Lebensqualität bei. Meinen Körper nicht täglich mit einer Chemiekeule zu betäuben heißt auch, dass ich auch seine etwas subtileren Bedürfnisse wahrnehmen kann. Mittlerweile kann ich ganz genau spüren, was ihm besser bekommen wird – angeschmorter Paprika mit Hähnchenbrust oder doch besser eine Gyrospfanne. So kann ich ganz auf meine Individualität eingehen und meinem Körper das geben, was er wirklich braucht.
Die Beinzuckungen im Schlaf verschwanden
Das fand ich auch ziemlich unheimlich, wie meine Beine sich lange dazu berufen sahen, heftig zu zucken. Ich habe das meist nur mitbekommen, wenn ich selbst davon aufgewacht bin oder meine Partnerin mich wach machte, weil es sehr stark wurde und wir es so unterbrechen konnten.
Grenzen wahrnehmen können
Mein Workaholiker-Dasein hat sich auch erledigt, nachdem das Medikament eine Weile weg war. Dass ich gerne intensiver an etwas gearbeitet habe und dabei übertrieb, war nichts Neues. Dieses Mal schien diese Phase aber nicht enden zu wollen. Nach einigen Monaten hieß es dann von einem Professional, ich würde mich selbstüberschätzen und wäre gut beraten mich damit auseinanderzusetzen, was gedanklich-emotional schief hängt. Habe ich gemacht. War es aber nicht. Nachdem ich über viele Monate immer wieder darüber brütete und es mit der Hilfe von einem Einzelfallhelfer vergeblich zu lösen versuchte, wurde ich der Sache langsam überdrüsig. Naja, meine Grenzen wahrzunehmen ist nicht so einfach, wenn man betäubt ist... Als ich dann endlich ganz ohne Abilify unterwegs war, hat es nicht lange gedauert, und das Thema war gegessen.
Heute passiert es nur noch sehr selten, dass ich bis in die Morgenstunden arbeite. Auch vernachlässige ich nicht mehr wegen der Arbeit meine Bedürfnisse nach gutem Essen, Trinken oder Erholung. Genauso leidet nicht mehr meine Partnerschaft darunter, da es mir leichter fällt die Balance zu halten.
Im Nachhinein betrachtet liegt doch die Vermutung nahe, wegen dem Medikament all diese Zeit nicht zur Ruhe gekommen zu sein.
Meine Empathie-Fähigkeit ist gestiegen
Das alles kann aber nicht mit dem mithalten, was sich in meiner Partnerschaft veränderte. Meine Partnerin meinte eines Tages, ich wäre sprunghaft sehr viel empathischer geworden (mit den Pillen machte ich eher den Eindruck, ein Zombie zu sein).
So macht Petting richtig Spaß
Genauso wie meine Geschmacksknospen aufgewacht sind, wurde ich am ganzen Körper um einiges empfindsamer. Die Küsse und Berührungen habe ich von nun an viel intensiver wahrgenommen und ich bin bis heute immer wieder erstaunt, zu welchen Empfindungen mein Körper beim Sex fähig ist.
In meinem Blog und in einem Gastbeitrag auf MY FREE MIND habe ich noch einiges mehr zu den Themen Liebe und Partnerschaft geschrieben.
Endlich konnte ich auch die kleinen Dinge genießen
Auch wurde es mir möglich, die kleinen Dinge im Alltag zu genießen. Denn durch die gesteigerte Wahrnehmung erschienen sie gar nicht mehr so klein und unbedeutend. Dafür wurden sie umso wichtiger für meine Lebenslust.
Unterm Strich...
So gesehen bin ich recht gut davon gekommen und kann die weiteren Aufräumarbeiten kaum erwarten, die in den nächsten Zeiten anstehen. Zum Beispiel ist mein Gedächtnis in einigen Situationen noch arg löchrig; und sobald ich mit gewissen Reizstoffen oder Giften im normalen Alltag zu tun habe, fühlt sich mein Hirn etwas matschig an und meine Gedanken werden wirr, was man an chaotischen Handlungen erkennt (es wurde aber schon besser – es gab auch Zeiten, in denen Nudeln kochen schon mal zu einer Herausforderung werden konnte).
Da ist noch mehr, doch dazu schreibe ich vielleicht etwas auf meinem Blog.
Was es noch zu tun gibt...
Gerade stärke ich noch die Organe, die an Entgiftungsprozessen beteiligt sind, um später sanft und über einen langen Zeitraum entgiften zu können. Danach möchte ich meinen Körper grundlegend zum Beispiel mit homöopathischen Mitteln, natürlichen Nährstoff-Präparaten und verschiedenen Probiotika aufbauen.
Grundsätzlich merke ich manchmal, wie ich weiterhin darauf angewiesen bin täglich meine Eisenspeicher aufzufüllen und unter anderem B-Vitamine zu nehmen, da mein Körper ansonsten schnell kraftlos wird und ich in ein Stimmungstief falle.
Noch ein Gedanke zum Schluss...
Mir ist dabei wichtig, nur schonende und natürliche Mittel zu nutzen, die meinen Körper nicht „nebenbei“ weiter belasten.
Auf solche Tauschgeschäfte (ein Problem beseitigen wollen und dafür vier weitere in Kauf nehmen) möchte ich mich nicht mehr so schnell einlassen. Ich habe jetzt zur Genüge die Erfahrung gemacht, dass das auch meist nicht nötig ist und freue mich auf das, was da kommen mag.
Damals hat mir die neue Diagnose gefallen – bipolar zu sein fand ich besser als Borderline zu haben. Und nach einigen erfolglosen Psychotherapien bin ich dankbar auf den Pillenzug gesprungen. Als die Ärztin die Praxis verließ, schenkte ich ihr einen riesigen Blumenstrauß und meinte, Olanzapin würde mir enorm helfen (lief damals unter Zyprexa).
Ja, die quälenden Selbstzerfleischungs-Gedanken waren wie weggeblasen, was für mich die Welt bedeutete. Auch die stechenden Schmerzen, die phasenweise auftauchten, sobald ich mich entspannte, waren kein Thema mehr. Was ich aber natürlich nicht wissen konnte, ist wie es die nächsten Jahre weiterging...
Wie ich auf Abilify kam
Nach einigen Jahren auf Olanzapin kamen diese Gedanken zurück, genauso wie die Schmerzen. Und das Müdigkeitsproblem, das ich schon aus Jugendtagen kannte, hatte sich weiter verschlimmert. An guten Tagen habe ich „nur“ zwölf Stunden geschlafen, das waren drei mehr als für mich üblich.
Gut, dann eben das nächste Medikament, dachte ich mir. Die Wahl fiel auf Aripiprazol (Abilify). Dass der verschreibende Experte ein siebartiges Gedächtnis hatte, beeindruckte mich nicht weiter (ein paar Mal in einer Sitzung danach zu fragen, welches Medikament ich aktuell nehme, sollte einem zu denken geben). Ich wollte einfach nur das Rezept, das mir zu einem guten Leben verhilft.
Das gute Leben ließ aber lange auf sich warten...
Die verhunzte Ausbildung
Die zurückgekehrten Selbstzerfleischungs-Gedanken, Schmerzen und Schlafprobleme waren nur der Anfang. Es kam eine weitere Ausbildung dazu, die ich in den Sand setzte. Es fing damit an, dass ich von heute auf morgen nicht mehr aus dem Bett kam. Als mir meine WG-Genossen auf‘s Dach stiegen, stellte ich auch keinen Wecker mehr. Zugegeben, wenn es mir nicht so egal gewesen wäre, mir wäre so ein ewiges Klingeln, bis das Ding von alleine ausgeht, auch auf den Geist gegangen.
Die unentspannte Ausstrahlung
Auf den Passfotos hatte ich einen Gesichtsausdruck wie ein Durchgeknallter, wobei die vielen zusätzlichen Kilos diesen Anschein verstärkten. Eine Ausbildungskollegin war auch so nett mir das zu bestätigen („Du hast so einen starren Blick“).
Die Ekel-Zunge
Über meine Zunge legte sich über lange Zeit eine Pilzschicht – vorne etwas schleimig und weiß, hinten genauso schleimig, aber in gelb. „Das sehen wir öfter bei Patienten, die schon länger Psychopharmaka genommen haben“, meinte ein Allgemeinarzt. Ist zwar nicht schön, muss ich aber wohl schlucken, war ich überzeugt. Hauptsache, ich bekomme mein Leben hin. Und es braucht schon eine Freundin, um küssen zu können...
Die unheimlichen Ständer
Wo wir bei diesem Thema sind - es heißt, seinen Lümmel nicht hochzubekommen gehört zu den häufigeren Problemen von psychiatrischen Medikamenten. Eins kann ich euch aber sagen: es ist auch nicht gerade ein erhabenes Gefühl, wenn das Dödelchen sich selbstständig macht und gegen den Besitzerwillen zur Höchstform aufläuft – es lebt sich anders, wenn man sich immer wieder Gedanken dazu machen muss, wie die Ausbeulung in der Hose verdeckt werden kann. Und die einzigen Reize, die diese Anschwellungen brauchten, waren die besagten Pillen und zuwenig Schlaf – Gedanken an Sex kamen dabei nie auf, dafür waren die Gliedschmerzen zu groß und der Moment denkbar unpassend.
Die fehlenden Orgasmen
Als ich eines Tages dann doch eine Partnerin gefunden hatte, waren zwar diese unheimlichen Ständer kein Thema mehr, dafür konnte ich keine Orgasmen bekommen. Und das nicht, weil wir es etwa zu zaghaft oder zu kurz versucht hätten. Ein Freund meinte einmal im Scherz, ich könne daraus eine Tugend machen und in Pornos auftreten. Kein so schöner Gedanke, wie ich fand.
Die uncoole Art Wasser zu lassen
Dann war da noch etwas mit dem Urinieren. Wenn das beste Stück es sich nach getaner Arbeit wieder in der Hose gemütlich machte, kamen einzelne Tröpchen nach.
Das alles hat damals mein Verhältnis zu den Pillen aber nicht eintrüben können. Diese Probleme hatte ich ja nicht jeden Tag vom Jahr und ich wollte doch so sehr zu meinem Leben kommen...
Abilify bekommt ein Solo
Olanzapin und Abilify liefen ein paar Wochen ersteinmal gleichzeitig. Ersteres setzte ich dann auf Empfehlung vom Experten von heute auf morgen ab, was zum Glück keine spürbaren Folgen hatte.
Ein paar Jahre später hatte ich aber immer noch nicht mein Leben hinbekommen. Dafür war ich ein regelmäßiger Gast der Krisenintervention, sprich bei der psychiatrischen Abteilung, die gerade ein Bett frei hatte (ein Flur konnte da auch mal reichen) und suizidale Notfälle aufnahm. Für alle, die sich damit auskennen – es war meist eine fakultativ geschlossene Einheit.
Mein Intermezzo mit Antidepressiva
Es gab noch eine Zeit, in der ich verzweifelt verschiedene Antidepressiva und Lithium ausprobierte, die ich alle nur für maximal einige Monate nahm und wegen üblen Verschlimmerungen abrupt fallen ließ. An der Stelle möchte ich es aber dabei belassen und komme gleich zu meinen Ausstiegs-Erfahrungen.
Mein Komplett-Ausstieg
Das Abilify schlich ich von 20 mg über viele Monate und in kleinen Schritten auf 5 mg runter und setzte es gegen den Widerstand der Ärztin vollständig ab - ich könne doch bei der Dosis bleiben, das hätte einen stabilisierenden Effekt bei Patienten mit Borderline, was ich mit „Ach du Schreck, ist die naiv!“ überging.
Einmal hatte ich mich inzwischen auf Mad in America umgeschaut und wusste daher, warum ich dieses Zeug nicht mehr wollte. Dazu war ich offiziell nicht mehr „krank“, denn meine Traumabearbeitung ist recht gut gelaufen und ich erfüllte nicht mehr die Diagnosekriterien für die Borderline Persönlichkeitsstörung, wie es so schön heißt (ich vergesse für einen Moment, dass ich das Diagnose-System vollständig der Tonne zugeführt habe).
Die Zeit direkt nach dem Absetzen
Wenige Tage nach der letzten Dosis schlitterte ich immer tiefer in einen körperlichen Zustand, der mir in dieser Heftigkeit neu war. Selbst Arbeiten am PC wurde zu einer größeren Anstrengung. Meine Arme waren zu schlapp, um die Hände auf die Tastatur zu bekommen. Das ging einige Wochen, bis ich mit Globulis und natürlichen Nahrungsmittelergänzungen langsam wieder zu kräften kam (zu meiner Überraschung wirkten die homöopatischen Mittel tatsächlich).
Als kleine Randnotiz: meine massiven Nährstoffmängel standen schon seit längerem in meinen Akten, ohne das jemand mir das gesagt hätte. Darunter waren zum Beispiel die Vitamine D3, B und zusätzlich Eisen. Allein diese drei Mängel hatten massive Auswirkungen auf meine Gedankenwelt, Gefühle und Körper. Aber das ist eine andere Geschichte, auf die ich vielleicht später ausführlicher eingehe.
Mit dem Absetzen hörte die Taubheit auf (und veränderte viel)
Huch, ich bin ein Mensch!
Kurz nach dem Absetzen fing es mit Brustschmerzen an, wenn ich emotional unter die Räder geraten bin, was ich als eine natürliche Reaktion auf den Stress empfunden habe. Sowas aber auch, ich lebe?!
Mein Körper meldete seine Problemstellen (und ich bekam es mit)
Als nächstes sind die Muskelschmerzen im Bein wieder aufgetaucht, die ich die gesamte Zeit auf Medikamente nicht mehr hatte. Stellte sich heraus, sie wollten mir etwas erzählen und verschwanden wieder, als ich eine zeitlang mich auf natürliche Weise um meinen Magnesiumhaushalt kümmerte. Manchmal kommen sie auch heute wieder, was aber recht schnell mit einer kleinen Magnesium-Kur geregelt ist.
Adé Schmerzen
Die krassen Gelenkschmerzen, die mir es unmöglich machten meinem Lieblingssport Joggen nachzugehen, verschwanden vollständig, ohne dass ich gezielt etwas dafür getan hätte. Mann, war das ein Genuss endlich wieder nach Lust und Laune sprinten zu können!
Hallo Geschmack!
Besonders gut errinnere ich mich, wie ich eines Tages beim Essen eine Geschmacksexplosion hatte. Es war so, als wären meine Geschmacksknospen angesprungen. Auch wenn ich mich recht schnell an das neue Niveau gewöhnte, die intensiven Wahrnehmungen tragen auch heute noch sehr zu meiner Lebensqualität bei. Meinen Körper nicht täglich mit einer Chemiekeule zu betäuben heißt auch, dass ich auch seine etwas subtileren Bedürfnisse wahrnehmen kann. Mittlerweile kann ich ganz genau spüren, was ihm besser bekommen wird – angeschmorter Paprika mit Hähnchenbrust oder doch besser eine Gyrospfanne. So kann ich ganz auf meine Individualität eingehen und meinem Körper das geben, was er wirklich braucht.
Die Beinzuckungen im Schlaf verschwanden
Das fand ich auch ziemlich unheimlich, wie meine Beine sich lange dazu berufen sahen, heftig zu zucken. Ich habe das meist nur mitbekommen, wenn ich selbst davon aufgewacht bin oder meine Partnerin mich wach machte, weil es sehr stark wurde und wir es so unterbrechen konnten.
Grenzen wahrnehmen können
Mein Workaholiker-Dasein hat sich auch erledigt, nachdem das Medikament eine Weile weg war. Dass ich gerne intensiver an etwas gearbeitet habe und dabei übertrieb, war nichts Neues. Dieses Mal schien diese Phase aber nicht enden zu wollen. Nach einigen Monaten hieß es dann von einem Professional, ich würde mich selbstüberschätzen und wäre gut beraten mich damit auseinanderzusetzen, was gedanklich-emotional schief hängt. Habe ich gemacht. War es aber nicht. Nachdem ich über viele Monate immer wieder darüber brütete und es mit der Hilfe von einem Einzelfallhelfer vergeblich zu lösen versuchte, wurde ich der Sache langsam überdrüsig. Naja, meine Grenzen wahrzunehmen ist nicht so einfach, wenn man betäubt ist... Als ich dann endlich ganz ohne Abilify unterwegs war, hat es nicht lange gedauert, und das Thema war gegessen.
Heute passiert es nur noch sehr selten, dass ich bis in die Morgenstunden arbeite. Auch vernachlässige ich nicht mehr wegen der Arbeit meine Bedürfnisse nach gutem Essen, Trinken oder Erholung. Genauso leidet nicht mehr meine Partnerschaft darunter, da es mir leichter fällt die Balance zu halten.
Im Nachhinein betrachtet liegt doch die Vermutung nahe, wegen dem Medikament all diese Zeit nicht zur Ruhe gekommen zu sein.
Meine Empathie-Fähigkeit ist gestiegen
Das alles kann aber nicht mit dem mithalten, was sich in meiner Partnerschaft veränderte. Meine Partnerin meinte eines Tages, ich wäre sprunghaft sehr viel empathischer geworden (mit den Pillen machte ich eher den Eindruck, ein Zombie zu sein).
So macht Petting richtig Spaß
Genauso wie meine Geschmacksknospen aufgewacht sind, wurde ich am ganzen Körper um einiges empfindsamer. Die Küsse und Berührungen habe ich von nun an viel intensiver wahrgenommen und ich bin bis heute immer wieder erstaunt, zu welchen Empfindungen mein Körper beim Sex fähig ist.
In meinem Blog und in einem Gastbeitrag auf MY FREE MIND habe ich noch einiges mehr zu den Themen Liebe und Partnerschaft geschrieben.
Endlich konnte ich auch die kleinen Dinge genießen
Auch wurde es mir möglich, die kleinen Dinge im Alltag zu genießen. Denn durch die gesteigerte Wahrnehmung erschienen sie gar nicht mehr so klein und unbedeutend. Dafür wurden sie umso wichtiger für meine Lebenslust.
Unterm Strich...
So gesehen bin ich recht gut davon gekommen und kann die weiteren Aufräumarbeiten kaum erwarten, die in den nächsten Zeiten anstehen. Zum Beispiel ist mein Gedächtnis in einigen Situationen noch arg löchrig; und sobald ich mit gewissen Reizstoffen oder Giften im normalen Alltag zu tun habe, fühlt sich mein Hirn etwas matschig an und meine Gedanken werden wirr, was man an chaotischen Handlungen erkennt (es wurde aber schon besser – es gab auch Zeiten, in denen Nudeln kochen schon mal zu einer Herausforderung werden konnte).
Da ist noch mehr, doch dazu schreibe ich vielleicht etwas auf meinem Blog.
Was es noch zu tun gibt...
Gerade stärke ich noch die Organe, die an Entgiftungsprozessen beteiligt sind, um später sanft und über einen langen Zeitraum entgiften zu können. Danach möchte ich meinen Körper grundlegend zum Beispiel mit homöopathischen Mitteln, natürlichen Nährstoff-Präparaten und verschiedenen Probiotika aufbauen.
Grundsätzlich merke ich manchmal, wie ich weiterhin darauf angewiesen bin täglich meine Eisenspeicher aufzufüllen und unter anderem B-Vitamine zu nehmen, da mein Körper ansonsten schnell kraftlos wird und ich in ein Stimmungstief falle.
Noch ein Gedanke zum Schluss...
Mir ist dabei wichtig, nur schonende und natürliche Mittel zu nutzen, die meinen Körper nicht „nebenbei“ weiter belasten.
Auf solche Tauschgeschäfte (ein Problem beseitigen wollen und dafür vier weitere in Kauf nehmen) möchte ich mich nicht mehr so schnell einlassen. Ich habe jetzt zur Genüge die Erfahrung gemacht, dass das auch meist nicht nötig ist und freue mich auf das, was da kommen mag.