Jedem das seine, aber die Machenschaften der Pharmaindustrie abzustreiten, die in der Vergangenheit etliche Male ihr wahres Gesicht gezeigt hat, empfinde ich als naiv.
Bloß das Weltbild nicht einstürzen lassen.

Lg
Horni
Peter und Sabine Ansari, Mediziner und Heilpraktikerin, haben sich auf einen Teilbereich der Psychopharmaka konzentriert, der auch im erstgenannten Buch eine wichtige Rolle spielt: Unglück auf Rezept. Die Anti-Depressiva-Lüge und ihre Folgen. Die Unsicherheit vieler Menschen bezüglich des Nutzens von Psychopharmaka, speziell auch der Antidepressiva, wird durch die zitierten und kompetent ausgewerteten Studien unterstützt. So ist seit vielen Jahren bekannt – auch wenn dies von pharmazeutischen Unternehmen und leider auch einigen Experten immer wieder anders dargestellt wird –, dass die Wirksamkeit von Antidepressiva eher begrenzt und unspezifisch ist. Die Medikamente helfen keineswegs allen Menschen, bei denen eine behandlungsbedürftige Depression diagnostiziert wird.
Peter und Sabine Ansari bieten eine kompakte und ebenfalls durch viele Literaturbelege unterstützte, nicht minder kritische Darstellung der Wirkungen und unerwünschten Wirkungen von Antidepressiva. Ihr Buch ist stärker patientenorientiert geschrieben als das von Gøtzsche. Beide Bücher geben auch Hinweise und Empfehlungen für Patienten und Ärzte. Dabei geht es insbesondere darum, wie und wo Informationen zu bekommen sind, etwa zu Absetz- oder zu möglichen Abhängigkeitsproblemen nach der Einnahme von SSRI.
http://www.depression-heute.de/images/b ... 2_2017.pdfDie marktschreierischen Titel beider Bücher sind zwar grenzwertig und sollen offenbar der Aufmerksamkeit und der Verkaufsförderung dienen. Inhaltlich transportieren sie aber eine wichtige und überfällige Botschaft: Psychopharmaka bieten keineswegs das einfache Glück aus der Pillendose, wie manche meinen; vielmehr ist es notwendig, viel über ihre Wirkungen und unerwünschten Wirkungen zu wissen, um mögliches Unglück durch die Folgen nach der Einnahme solcher Mittel zu vermeiden.
Das ist ja wirklich erschreckendPeter_Ansari hat geschrieben: Wir bekommen derzeit viele Anrufe von Patienten, bei denen in der Klinik innerhalb von einer Woche (!) das Antidepressivum, das zuvor drei Jahre lang gegeben wurde auf null reduziert wurde - natürlich mit katastrophalen Folgen.
Ich kopiere mal hier hinein, was ich eben in einem anderen Thread geschrieben habe, ich denke, es passt ganz gut:JayBlue hat geschrieben:Wenn das so häufig vorkommt, warum merkt dann niemand auf und schaut, dass man es langsam reduziert. SSRI und SNRI und wie sie alle heißen gibt es jetzt doch schon eine Weile. Wieso passiert dann so was immer noch?
(Link: http://adfd.org/austausch/viewtopic.php ... 67#p183467)Das ist leider kein Wunder, dass das Thema nach wie vor so klein gehalten wird. Dabei geht es in erster Linie um wirtschaftliche Interessen und nicht um das Patientenwohl. Wenn man bspw. die Bücher von Gøtzsche oder Robert Whitaker liest, wird das schnell klar. Ich kann diese Autoren nur immer wieder empfehlen.
Versuche, das Thema an eine breitere Öffentlichkeit zu tragen, werden meist vehement bekämpft. Diese bittere Erfahrung mussten auch schon kritische Ärzte wie Breggin, Healy etc. machen. So wurde Healy etwa nach kritischen Äußerungen zu PP der Lehrstuhl an einer großen Universität verwehrt. Das Problem: die Pharmalobby ist extrem einflussreich, auch politisch, die Patientenlobby ist dünn, noch dünner, wenn es sich um Psychiatrie-Patienten handelt. Da klebt schnell der Aufkleber darauf "nicht ernst zu nehmen", erst recht, wenn es sich um Beschwerden über Medikamente handelt.![]()
Bei Benzodiazepinen sind auch Jahrzehnte ins Land gegangen, ehe sich ihre Problematik herumsprach. Und dennoch werden sie immer wieder ohne notwendige Aufklärung auch heute noch für längere Zeiträume verschrieben.![]()
Wir können nur alle immer, soweit möglich, an dem Thema dran bleiben und Informationen streuen und aufklären.
Es kommt immer wieder vor, dass Patienten (zumindest gefühlt) problemlos absetzen können. Häufig ist das so bei einer Ersteinnahme. Dass die Medikamente bzw. das abrupte Absetzen doch noch Spuren im Körper hinterlassen, wird daran ersichtlich, dass spätere Entzugsversuche in vielen Fällen nicht mehr so glimpflich funktionieren. Es hat sich also offensichtlich etwas verändert im ZNS.JayBlue hat geschrieben:"Es soll ja Patienten geben, die SSRI oder SNRI ohne Probleme von heute auf morgen absetzten können. Wie kommt dann sowas?" Ich glaube nicht, dass wir eine so kleine Ausnahme sind dass Ärzte sich nicht damit beschäftigen, aber irgendwie ist man in unsere Lage doch irgendwie ein Sonderfall.... das kann doch nicht sein
Ja, das kann man auch sein!JayBlue hat geschrieben:ch habe "Unglück auf Rezept" nun weiter gelesen und bin ziemlich erschrocken darüber was WIR da nehmen!!!![]()
Nicht im Magen, sondern im Darm. Dort sind über 90 Prozent des Serotonins verortet. Und der Darm spielt hinsichtlich zahlreicher Körperfunktionen eine wesentliche Rolle.JayBlue hat geschrieben:So wie es aussieht ist noch nicht mal klar wie viel Serotonin überhaupt im Gehirn ankommt und ob nicht das meiste im Dünndarm verbleibt.
Dann wundert es mich nicht, dass viele mit dem Magen Probleme haben beim Absetzen, wenn das meiste Serotonin im Magen vorkommt.
Es ist m. E. ein vergleichbarer Skandal, nachdem weltweit mittlerweile so viele Menschen betroffen sind. Und sogar bei Contergan mussten die Betroffenen erbittert darum kämpfen, als Geschädigte anerkannt zu werden - obwohl die Zusammenhänge so offensichtlich waren!JayBlue hat geschrieben:Es ist fast so wie mit Contergan früher. Wir nehmen Medikamente, die heftige Nebenwirkungen haben und nicht mal wirken.
Erst einmal ist man so konditioniert, der Autorität (in diesem Fall dem Arzt) nicht nur zu vertrauen, sondern seine Vorgaben zu befolgen - was natürlich einem mündigen Patienten nicht entspricht. Aber es ist nicht leicht, dieser überlieferten Rolle zu entkommen. Natürlich muss man niemandem blind vertrauen, man kann sich belesen, weitere Meinungen einholen etc. Aber ein mehr oder weniger blinder "Arztglaube" herrscht schon in der Bevölkerung vor, so zumindest meine Erfahrung. Und es ist wirklich schwer, sich dem zu entziehen, auch hinsichtlich des Drucks, den Angehörige ausüben können etc.JayBlue hat geschrieben:Das wirklich schlimme dabei ist, dass man als Patient auch keine andere Möglichkeit hat außer dem Arzt zu vertrauen.
Neben der wirtschaftlichen Seite ist das ein zweiter ganz zentraler Aspekt. Die biologische Richtung der Psychiatrie hat sich im letzten Jahrhundert etabliert, und zwar aufgrund einiger zufällig entdeckter, zweifelhafter Wirkstoffe (es wurde gar nicht gezielt geforscht). Zuvor wurden Psychiater nämlich in der medizinischen Welt häufig nicht allzu ernst genommen, sie hatten keine biologische Legitimation und galten mehr als "Seelenklempner". Mit dem Aufkommen der biologischen Richtung wuchs auch das Selbstbewusstsein und Ansehen dieser Fachrichtung, man glaubte, behaupten zu können, dass - wenn gewisse Stoffe die Stimmung heben - sich daraus ableiten ließe, dass den Patienten dann auch gewisse Stoffe im Gehirn fehlen. Und schwupps mutierten die Psychiater zu "richtigen" Ärzten, die auch einmal etwas Chemisches verschreiben konnten. Somit wurden sie auch für die Industrie interessant als potenzielle "Verkäufer" - mit allen einhergehenden Privilegien. Und so gesellte sich noch eine lukrative wirtschaftliche Ebene zum neu gewonnen Ansehen in der Fachwelt.JayBlue hat geschrieben:Aber was hat der Psychiater denn sonst für eine Daseinsberechtigung, wenn er keine Pillen mehr verschreiben darf??? Das ist glaube ich das große Problem. Viele Psychiater sind keine Psychologen und das einzige Werkzeug ist der Rezeptblock. Ohne den Rezeptblock wären sie dann wohl auch ihre Daseinsberechtigung los. Dann wird halt ein bisschen herumprobiert, bis das richtige Medikament gefunden wird.
Ich finde schon, dass es enorm hilft, die Hintergründe zu verstehen. Ich weiß, was Du meinst, ganz praktisch im Alltag scheint es erst einmal nicht zu helfen. Aber wenn man tief drinsteckt in einem Entzugsprozess, kann es passieren (lesen wir hier auch häufig), dass man doch wiederholt am eigenen Gesundheitszustand zweifelt und gar nicht glauben kann (oder mag), was da im Hintergrund alles abläuft. Und dann ist der Gang zum nächsten Arzt oft gar nicht so fern und schnell ein neues Rezept eingelöst, sodass sich das Karussell immer schneller dreht. Von daher ist es gut, möglichst breit informiert zu sein, um nicht wiederholt in diese Falle zu tappen. Wenn man schon in diesem Schlamassel drinsteckt, sollte man zumindest noch etwas daraus lernen, finde ich. Sonst ist das alles ganz umsonst. Und es ist ohnehin schon bitter genug.JayBlue hat geschrieben:Dieses Wissen hilft uns betroffenen beim Absetzen zwar überhaupt nichts, aber es wäre schön, wenn Ärzte umdenken würden und den Rezeptblock nur noch in Ausnahmefällen zücken würden - aber das bleibt wohl Wunschdenken.
JayBlue hat geschrieben:Denn jeder muss schauen wo er bleibt und Geld verdienen - und damit verdienen die nun mal ihr Geld.