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Kritische Medienberichte über SSRI

Eine Sammlung von Artikeln, die über wissenschaftliche, politische und wirtschaftliche Hintergründe der Behandlung von seelischen Leiden mit Psychopharmaka berichten.
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Oliver
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Kritische Medienberichte über SSRI

Beitrag von Oliver »

Quelle: http://www.tagesanzeiger.ch/dyn/leben/g ... 75877.html
Schweizer Tagesanzeiger am 12.05.2004 hat geschrieben: Nicht registriert für Minderjährige

Zulassungsbehörden untersuchen bereits seit mehreren Monaten das Sicherheitsprofil von Antidepressiva für Kinder und Jugendliche.

Daniel Bächtold

Klinische Studien zur Wirkung von Antidepressiva bei Kindern mit einem günstigen Nutzen-Risiko-Verhältnis seien veröffentlicht worden. Solche mit ungünstigem Verhältnis hingegen nicht. Das kritisierte kürzlich das renommierte Ärztefachblatt «Lancet» (TA vom 27. April). Der Leitartikel im «Lancet» sprach von einem «Desaster».

Moderne Antidepressiva, so genannte selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI) werden weltweit millionenfach bei Erwachsenen eingesetzt. Zur Behandlung von depressiven Jugendlichen sind diese Medikamente ? zu denen auch das vom britischen Pharmariesen GlaxoSmithKline hergestellte Deroxat gehört ? in der Schweiz und anderen Ländern nicht zugelassen. Dennoch werden diese Medikamente auch hier zu Lande in dieser Altersgruppen eingesetzt.

Die Zulassungsbehörden verschiedener Länder untersuchen gegenwärtig das Sicherheitsprofil von Deroxat. Bereits am 10. Juni 2003 entschied das britische Committee on Safety of Medicines, nach Sichtung veröffentlichter und unveröffentlichter Studien, dass Deroxat wegen eines erhöhten Risikos von selbst schädigenden und suizidalen Handlungen nicht mehr an Jugendliche abgegeben werden sollte.

Nach dem Bericht des «Tages-Anzeigers» über die vom «Lancet» kritisierte Publikationspraxis der Pharmaindustrie meldeten sich viele besorgte Ärzte bei GlaxoSmithKline Schweiz. Die Firma veröffentlichte auf ihrer Homepage eine Stellungnahme und schickte sie zusätzlich an mehrere Tausend Schweizer Ärzte. Darin heisst es, GlaxoSmithKline hätte alle Studien zur Wirkung von Antidepressiva bei Kindern zwischen 1998 und 2002 veröffentlicht. Zudem hätte man das Signal der Bildung von Suizidgedanken bei Kindern selbst erkannt und dies den Behörden gemeldet.

Das Signal hätte sich bei der «laufenden Überwachung von Nebenwirkungsmeldungen» gezeigt. Die Europäische Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln (EMEA) hätte dies zum Anlass genommen, die ganze Klasse der SSRI zu untersuchen. Soweit das Schreiben. Die Faktenlage präsentiert sich allerdings anders.

Die europäische Agentur EMEA meldete am 27. Juni 2003 tatsächlich, dass sie das Sicherheitsprofil von Deroxat untersuchen werde. Der Grund für diese Untersuchung war indes nicht, dass die Agentur von GlaxoSmithKline auf mögliche Nebenwirkungen aufmerksam gemacht worden wäre. Die Untersuchung war vielmehr von den zuständigen Behörden in Grossbritannien angeordnet worden.

Das britische Committee on Safety of Medicines seinerseits beschäftigte sich damals schon seit mehreren Monaten mit den möglichen Nebenwirkungen von Deroxat bei Erwachsenen und Jugendlichen. Am 21. November 2002 traf sich eine unabhängige Expertenrunde, um den Ausführungen von David Healy von der University of Wales zu lauschen. Healy gilt als führender Experte in Sachen SSRI.

Im März 2003 wurde die Expertenrunde jedoch vorübergehend aufgelöst, nachdem die britische Zeitung «The Guardian» publik gemacht hatte, dass zwei der Mitglieder Aktionäre von GlaxoSmithKline waren. Auf Anfrage meinte am 28. März ein Pressesprecher von GlaxoSmithKline England, dass man die Arbeit der Expertengruppe nicht beeinflussen werde, und: «Wir glauben an das Sicherheitsprofil von Deroxat und werden die Integrität unseres Medikaments energisch verteidigen.»

An einer Sitzung mit den englischen Behörden verwies das Pharmaunternehmen indes auf neue Studien bei depressiven Kindern. Die Behörden verlangten diese und erhielten sie am 27. Mai. Zwei Wochen später erklärte das Committee on Safety of Medicines nach Sichtung dieser neuen Resultate, dass Deroxat in Grossbritannien nicht mehr an Minderjährige abgegeben werden sollte. Die Anwendung bei Erwachsenen ist davon nicht betroffen. «Deroxat ist für die Abgabe an Kinder nicht registriert. Wir wissen aber, dass das Medikament in dieser Altersgruppe eingesetzt wird», so Gordon Duff, Vorsitzender der Expertengruppe.
«Wir anerkennen die Entscheidung»

Noch am gleichen Tag erklärte Alastair Benbow, GlaxoSmithKline-Chef Psychiatrie in Europa: «Wir glauben, dass die heutige Entscheidung die Möglichkeiten der Ärzte bei der Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit einer schweren Depression einschränken wird.» Gemäss Benbow würde die Firma die eingereichten Daten auch anders interpretieren. Aber: «Wir anerkennen die Entscheidung.»

Mitte Juni 2003 schickte GlaxoSmithKline einen Brief an britische Ärzte: «Ein kürzlich beendetes Programm von klinischen Studien bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren konnte die Wirksamkeit bei einer schweren Depression nicht bestätigen.» Patienten mit Deroxat würden im Vergleich zu jenen mit Placebo über doppelt so viele Nebenwirkungen klagen, etwa verminderten Appetit, Feindseligkeit, Stimmungsschwankungen, selbst schädigende Handlungen, Suizidgedanken und Suizidversuche. Und weiter: «Deroxat ist jetzt bei Patienten unter 18 Jahren mit einer schweren Depression kontraindiziert.» Zu einem vollendeten Suizid kam es in den Studien der Firma nicht. Einen Monat später informierte GlaxoSmithKline im gleichen Sinn auch kanadische Ärzte.

In der Schweiz schien kein dringender Handlungsbedarf zu bestehen. Am 5. August 2003 erklärte das zuständige schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic auf Anfrage, dass Deroxat bei Kindern und Jugendlichen nicht zugelassen sei. Swissmedic verlangte von der Firma dennoch aktuelle Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit bei Kindern und Jugendlichen.

Nachdem der «Tages-Anzeiger» am 13. August 2003 über die Kontroverse um Deroxat berichtet hatte, veröffentlichte Swissmedic auf ihrer Homepage die neuen Empfehlungen der britischen Zulassungsbehörde. «Die englische Behörde bezieht sich dabei auf Resultate aus nicht publizierten Studien», so Swissmedic.

Vor etwa einem Monat schrieb das schweizerische Heilmittelinstitut: «Zur weiteren Abklärung des Risikos hat Swissmedic von der Herstellerfirma von Deroxat und später auch von den Herstellerfirmen der anderen SSRI eine Dokumentation zum Auftreten von suizidalem Verhalten angefordert.» Swissmedic werde im Rahmen der gegenwärtig stattfindenden Überprüfung allenfalls Anpassungen in der Fachinformation von Deroxat und vergleichbaren Präparaten verfügen.

Eric Bandle, Pressesprecher von GlaxoSmithKline Schweiz, erklärte, dass der «Tages-Anzeiger» in seinem Bericht über die «Lancet»-Veröffentlichung seiner Firma unterstellt hätte, Swissmedic ungünstige Studienresultate verschwiegen zu haben (TA von gestern). Das ist weder richtig, noch war es die Absicht.

Eric Bandle schrieb auch, dass sein Unternehmen die Abgabe von Deroxat an Kinder nie empfahl. Das ist richtig. Richtig ist allerdings auch, dass der Pharmariese von der ärztlichen Abgabe seines Medikaments an Minderjährige wusste.

Im Gegensatz zu England und Kanada schickte GlaxoSmithKline kein Schreiben an die hiesige Ärzteschaft. Dies könne entweder auf Verlangen der Swissmedic oder ? bei wesentlichen Änderungen der Fachinformation ? durch die Firma in Absprache mit der Behörde erfolgen, so Bandle. Es läge also nicht im Ermessen der Firma, dies zu tun. [TA | 12.05.2004]
Zuletzt geändert von Oliver am 19.03.2006 12:43, insgesamt 10-mal geändert.
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Deprimierende Forschung

Beitrag von Oliver »

<a href='http://archiv.tagesspiegel.de/archiv/07.07.2004/1230028.asp#'>Tagesspiegel vom 7.7.04</a> hat geschrieben: Deprimierende Forschung

Risiken von Arzneien werden mitunter verschwiegen. Nun steht eine große Pharmafirma unter Verdacht

Von Bas Kast

Wer einen Arzt aufsucht mit einem Kind, das unter Depressionen leidet, geht davon aus, dass er Hilfe bekommt: Medikamente zum Beispiel, deren Wirkung in Studien geprüft ist.

In den Industrienationen leiden zwischen zwei und sechs Prozent der Kinder und Jugendlichen unter Depressionen. Suizid gehört bei uns zu den Haupttodesursachen junger Menschen.

Tragisch genug. Besonders bitter aber wäre es, wenn gerade die Medikamente, die die quälenden Gefühle lindern sollen, zu dieser Tragödie beitragen würden: Wenn ausgerechnet ein Antidepressivum zu Selbstmordgedanken oder -versuchen führen würde. Noch schlimmer, fast undenkbar, wenn einige Pharmafirmen über die bedrohliche Wirkung Bescheid wüssten, ihr Wissen aber verheimlichten, aus Angst vor Umsatzeinbußen.

Das Szenario klingt so ungeheuerlich – man kann sich kaum vorstellen, dass so etwas tatsächlich passiert. Und doch stehen in den USA zwei Firmen im Verdacht, eine solche Vertuschungspolitik betrieben zu haben.

Gegen die eine, GlaxoSmithKline, den zweitgrößten Pharmakonzern der Welt, hat der New Yorker Generalstaatsanwalt Eliot Spitzer letzten Monat Anklage erhoben. Der Vorwurf: Glaxo habe in fünf Studien die Wirkung ihres Antidepressivums Paroxetin (US-Handelsname: „Paxil“, deutscher Handelsname: „Seroxat“) geprüft, doch nur eine davon publiziert. Und welche? Genau die, die ein günstiges Licht auf ihr Medikament wirft.

Warum sind die anderen Studien nicht publiziert worden?

Sicher ist: Die Veröffentlichung dieser Untersuchungen hätte ein eher düsteres Bild auf das Mittel geworfen. Man hätte sagen müssen: Das teure Medikament ist einer Zuckerpille (Placebo) nicht überlegen. Man hätte sagen müssen: In einigen Fällen führt das „Antidepressivum“ sogar vermehrt zu Selbstmordfantasien.

Die New Yorker Staatsanwaltschaft wirft Glaxo vor, diese Erkenntnisse verheimlicht zu haben. In der Anklageschrift zitiert sie ein internes Glaxo-Dokument, in dem es heißt, Ziel sei es, „die Verbreitung dieser Daten effektiv zu managen, um eine potenziell negative kommerzielle Auswirkung zu minimieren“.

Glaxo wehrt sich gegen die Vorwürfe und behauptet, man hätte die Daten sowohl den Gesundheitsbehörden als auch Ärzten zur Verfügung gestellt. Zugleich verkündete die Firma in einem Statement, sie werde in Kürze ihre Studien online veröffentlichen (www.gsk.com).

Gutes zeigen, Schlechtes verschweigen – wenn es nach einem Bericht der „New York Times“ geht, haben die Verschleierungen Methode. So habe auch das Unternehmen Forest Laboratories eine Studie verschwiegen, bei der sich ergab, dass eines ihrer Medikamente bei depressiven Jugendlichen nicht wirksam war. Eine Studie mit positivem Ausgang dagegen wurde im Juni im „American Journal of Psychiatry“ veröffentlicht.

Forest wehrt sich. In einer Presseinformation vom 24. Juni berichtet die Firma auf ihrer Homepage (www.frx.com), sie habe die Resultate der Untersuchung unter anderem den Arznei-Kontrollbehörden der USA und von Großbritannien mitgeteilt, die eine Zusammenfassung ins Internet gestellt hätten. Die New Yorker Generalstaatsanwaltschaft hat Forest derweil dazu aufgefordert, ihre Daten zu klinischen Tests an Kindern und Jugendlichen offen zu legen.

Dass Glaxo und Forest keine Ausnahmen sind, darauf deutet auch eine Studie, die Ende April im Medizinfachblatt „Lancet“ erschienen ist. Darin begutachten Londoner Forscher mehrere Studien zur Wirkung diverser Antidepressiva von der Gruppe der „Serotonin-Wiederaufnahmehemmer“ (SSRI), zu denen auch die betreffenden Mittel von Glaxo und Forest gehören, bei Kindern und Jugendlichen. Der Befund: Die Medikamente zeigten eine positive Wirkung – allerdings nur dann, wenn die Wissenschaftler die publizierten Studien auswerteten. Zogen sie unveröffentlichte Untersuchungen, die der britischen Gesundheitsbehörde „Committee on Safety of Medicines“ vorlagen, hinzu, wandelte sich das Bild plötzlich: Nun schienen die Mittel mehr zu schaden als zu nutzen.

Unter anderem kam es bei einer Behandlung mit den SSRI zu einem Anstieg „suizidaler Verhaltensweisen“, wie die Forscher berichten. Einzige Ausnahme war das Mittel Fluoxetin (besser bekannt unter dem US-Handelsnamen „Prozac“ von der Firma Eli Lilly, deutscher Handelsname: „Fluctin“), dessen Bewertung auch bei Berücksichtigung der unveröffentlichten Studien positiv ausfiel. Kritisch fällt der Kommentar im sonst eher nüchternen „Lancet“ aus; im Editorial heißt es: „Die Geschichte der Erforschung von SSRI zur Behandlung von Depressionen bei Kindern ist eine Geschichte der Konfusion, Manipulation und des Versagens von Institutionen.“

„Es ist Betrug auf der ganzen Linie“, sagt auch Bruno Müller-Oerlinghausen, Vorsitzender der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. An erster Stelle leiden die jungen Patienten. Sie stellen sich zu Versuchszwecken zur Verfügung – die Erkenntnisse aber werden unter Umständen der Öffentlichkeit gar nicht zugänglich gemacht. Dadurch, dass den Ärzten nicht alle Informationen zur Verfügung stehen, verschreiben diese in bester Absicht Medikamente, die vielleicht nichts nützen oder schädlich sind.

So fordern Müller-Oerlinghausen und seine Kollegen seit langem mehr Transparenz bei Medikamentenstudien. „Alle Untersuchungen eines Medikaments müssten bei einer zentralen Instanz gemeldet werden“, meint zum Beispiel Gerd Glaeske, Gesundheitsexperte an der Universität Bremen. In Deutschland könnte dies das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in Bonn sein.

Das allein würde allerdings noch nicht genügen. „Die Studien müssten dann aber auch zugänglich sein“, sagt Müller- Oerlinghausen. So bekommt zum Beispiel die europäische Zulassungsbehörde für Arzneimittel EMEA von Unternehmen zwar nicht-veröffentlichte Informationen über Medikamente gemeldet. Die Ärzte aber, die die Medikamente verschreiben, haben auf diese Untersuchungen keinen freien Zugriff. Experten schätzen, dass etwa die Hälfte aller klinischen Studien nie ans Licht der Öffentlichkeit gelangen.

„Der eigentliche Skandal ist die Tatsache, wie viel wir hätten wissen können, wenn uns diese Daten zur Verfügung gestanden hätten“, beklagt der Kinderpsychiater Jörg Fegert vom Uniklinikum Ulm in einem aktuellen Bericht die Situation. Nicht nur Ärzten und Patienten würden lebenswichtige Informationen vorenthalten, auch Fachleute, die Lehrbücher schreiben, „tappen im Dunkeln“.

In Deutschland ist keines der SSRI zur Behandlung von Depressionen bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren zugelassen. Trotzdem werden diese Mittel verschrieben – eine Praxis, die aus der Not geboren ist und unter Ärzten als „off label“ bezeichnet wird.

Eine Studie deutscher Forscher im Fachblatt „British Medical Journal“ ergab, dass hierzulande allein in einem Quartal (Daten vom Jahr 1999) an Patienten im Alter bis 16 Jahren von insgesamt rund 1,6 Millionen Verschreibungen mehr als 200000 „off label“ sind – bei vielen davon handelt es sich um Antidepressiva, darunter auch SSRI.
Zuletzt geändert von Oliver am 11.11.2004 06:18, insgesamt 2-mal geändert.
Oliver
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Kehrtwende bei GSK

Beitrag von Oliver »

Zusammenfassung
Kehrtwende bei GSK. GSK hat die Einzelheiten von neun wissenschaftlichen Untersuchungen und zwei klinischen Berichten veröffentlicht, die die Gefahren der Einnahme von Seroxat (Paroxetin) bei Minderjährigen ans Tageslicht bringen. Minderjährige, die Seroxat einnehmen, haben ein doppelt so hohes Risiko, Selbstmordgedanken zu entwickeln. In einer alarmierenden Studie wollten sich sechs Jugendliche umbringen im Vergleich zu einem Fall mit Placebo.
<a href='http://www.dailymail.co.uk/pages/live/articles/health/thehealthnews.html?in_article_id=306667&in_page_id=1797'>Daily Mail</a> hat geschrieben: Shamed Glaxo's u-turn on 'suicide' drug

BEEZY MARSH and TIM UTTON, Daily Mail

15th June 2004

Britain's biggest drugs firm has caved in dramatically and revealed research which shows a leading anti-depressant can cause children to attempt suicide. In an astonishing u-turn, Glaxo-SmithKline finally published full details of nine scientific studies and two clinical reviews which expose the dangers posed to under-18s who take Seroxat. Children on Seroxat are twice as likely to have suicidal thoughts than those on a dummy pill, it emerged. Alarmingly, one study showed six youngsters on Seroxat wanted to kill themselves, compared to just one taking a placebo pill. The drug was also linked to distressing side effects including hostility, insomnia, dizziness, tremors and emotional irritability.

Damning findings

Campaigners say the damning findings were suppressed for up to a decade while thousands of teenagers and children as young as six continued to be given the pills to ease depression. At one point, doctors had even hailed Seroxat as a "wonderdrug" to help people overcome shyness. The firm is facing a major lawsuit amid allegations that drug regulators were duped into thinking Seroxat - which is worth £2billion a year to Glaxo - was safe for children. A number of youngsters are known to have committed suicide while taking the drug, but it was not until last year that doctors were banned from prescribing it to under-18s because of the suicide risk. Some estimate that more than 50,000 under-18s in the UK were prescribed Seroxat between 1990, when it was licensed here, and last year when the ban was imposed by Government medical regulators.

Anguished parents

Anguished parents have complained that their children became suicidal while on Seroxat then showed horrendous withdrawal symptoms when they tried to come off it. A civil lawsuit has been filed against Glaxo in the US by New York State attorney general Eliot Spitzer, who claims the firm suppressed at least four studies on the drug. More than 3,000 UK families have also started legal action against Glaxo seeking compensation for their ordeal. They include a number of parents whose children committed suicide while on Seroxat. Full details of the controversial studies were published on the Internet only after the medical establishment turned on Glaxo. In an unprecedented attack, the respected Lancet medical journal last week accused the drugs giant of losing touch with its basic humanity over the Seroxat scandal.

'Suicidal thinking'

In an editorial, the journal said: "GSK appears to be floundering in the semantic depths. "While it has been earnestly parsing the meaning of 'suicidal thinking' and 'publicly', it appears to have forgotten what lies behind those words - people. The time has come for these matters to be revealed in a bright and public light." The Lancet said the safety and efficacy of Seroxat in children had been tested in "at least five studies sponsored by GSK, only one of which has been published". It revealed that, although the results of this trial were mixed, they were heralded in a memo as showing "remarkable efficacy and safety in the treatment of adolescent depression". The Lancet also poured scorn on Glaxo's argument that trials data was made public. This was done at scientific meetings attended only by specialists and published in the letters pages of medical journals. Medical authorities here are investigating whether Glaxo complied with legal requirements to make all relevant clinical trial data on the drug available.

Too little too late

Last night a leading consultant psychiatrist who was among the first to question the safety of Seroxat, said the publication of the Glaxo-funded Seroxat studies was too little, too late. Dr David Healy, of the University of North Wales, said: "If the data had been out there from the start, we could have avoided some of the problems we have seen with Seroxat.
"If people had been aware of the evidence from the trials and seen the risks, they could have reduced the risks of adverse events happening. Parents could have been told to keep a closer eye on their children." The nine studies were made available to the Government's regulators, the Medicines and Healthcare Products Regulatory Authority, only in May last year. The details lay behind the decision to ban doctors from prescribing Seroxat to under-18s. A spokesman for GlaxoSmith Kline last night said it had already communicated the trials data to the medical community in the normal way through meetings, letters and papers over the last decade.

Medical regulators

Medical regulators were also given the data as soon as the risk of suicidal thoughts became clear. But he added: "We thought in the interest of transparency and given the interest in this area that we would publish all the documents on the website. "We have made no attempt to hide results or mislead regulators or the medical community. Studies individually show no consistent evidence of a problem in terms of the safety issue. "It really was not until the nine studies had been completed and we had combined it with further review in 2003 that we saw there was a potential signal."
Zuletzt geändert von Oliver am 11.11.2004 06:19, insgesamt 2-mal geändert.
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Panorama

Beitrag von Oliver »

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Panorama ist das Flagschiff des investigativen Journalismus im britischen Fernsehen (BBC). Den Sendungen über Seroxat ist es unter anderem zu verdanken, dass die Risiken der SSRI unter die Lupe genommen werden. In England hat am 14.10.2004 eine zweieinhalbstündige Anhörung einer Expertengruppe zum Thema "Einfluss der Pharmaindustrie" stattgefunden und dabei ging es hauptsächlich um die Hersteller der SSRI, weil diese Drogen ihren Erfolg eigentlich hauptsächlich der massiven Einflussnahme der Pharmas auf Ärzte, Patienten und offizielle Stellen zu verdanken haben. Die erste Sendung - "Secrets of Seroxat" hat das größte Zuschauerecho auf eine englische Fernsehsendung überhaupt ausgelöst! Tausende Anrufe, Briefe und Emails bestätigten die in der Sendung angesprochen Kritik an Seroxat.
Suche nach Seroxat bei BBC

Die Sendungen: In der letzten Sendung wurde die britische Aufsichtsbehörde MHRA kritisiert, da sie gravierende Fehler bei der Zulassung von Seroxat machte. Informationen aus den klinischen Versuchen mit Seroxat vor 13 (!) Jahren zeigten bereits, dass Seroxat suizidale Gedanken und Handlungen auslösen kann. Die Ergebnisse der Versuche wurden nicht richtig ausgewertet. Außerdem steht GlaxoSmithKline möglicherweise vor einer weiteren Klage seitens der britischen Behörde, da negative Studienergebnisse zurückgehalten wurden.
Zuletzt geändert von Oliver am 08.11.2004 14:52, insgesamt 1-mal geändert.
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Kontraste

Beitrag von Oliver »

Dieser Hinweis wurde ursprünglich von SandraF gepostet - danke Sandra :)
SandraF hat geschrieben: gestern lief im 1. Programm die Sendung "Kontraste". Da ging es um eine
Jugendliche in England, die von einem Hausarzt Paroxetin (Seroxat) verordnet bekommen hatte. Sie wurde immer aggressiver, nervöser und die Stimmung schlechter. Die Mutter dachte, der Arzt wird es wissen, schließlich hat er studiert....die Tochter beging Selbstmord. Der Arzt kannte sich mit SSRI gar nicht aus. Außerdem wurde darauf hingewiesen, dass sich viele Kinder und Jugendliche unter SSRI z. B. ritzen.

Weiterhin wurde gesagt, dass Studien bewusst unvollständig veröffentlicht werden, denn es gibt bisher kein Gesetz, das das verbietet. Den Ärzten fehlen daher wichtige Informationen über die Nebenwirkungen.
Kontraste (Auszug aus der Sendung) hat geschrieben: Keine Pille ohne Nebenwirkung, das ist eine Binsenweisheit. Bloß welche genau, das sollten wir als Verbraucher und Patienten schon wissen: Denn erst dann können wir entscheiden, ob wir besser die Schmerzen ertragen oder die Risiken in Kauf nehmen.

Ein Skandal, wenn Pharmakonzerne Patienten und Ärzten lebenswichtige Informationen vorenthalten, wie im Fall des Schmerzmittels, das jetzt vom Markt genommen wurde.

Ursel Sieber berichtet.

.....Tödliche Risiken bei Seroxat - ein Mittel gegen Depression: Das Ehepaar Gatchell lebt in der Nähe von London. Ein Arzt hatte ihrer Tochter Sharise das Medikament Seroxat verschrieben. Auch in Deutschland wird es Jugendlichen verordnet. Jetzt ist Sharise tot. Sie hat sich umgebracht. Ihre Eltern sind sicher: Die Nebenwirkungen des Medikaments haben ihre Tochter in den Tod getrieben.

Steph Gatchell, Mutter von Sharise:
"Ich hatte keine Ahnung. Ich habe dem Arzt und seinem Urteil völlig vertraut. Da wo ich herkomme, zählt das, was der Arzt sagt. Du denkst, der hat studiert, der weiß es besser, was kann ich schon dazu sagen."

Sharise verändert sich unter dem Medikament. Sie ist unruhig, kann nicht mehr schlafen, ist aggressiv, verletzt sich selbst.

Steph Gatchell, Mutter von Sharise:
"Eines Tages habe ich durch Zufall entdeckt, dass sie sich selbst verletzte, am Arm. Ich war total schockiert. Ich habe sie angefleht, sie solle aufhören, denn ich habe dann begriffen, dass Seroxat furchtbare Auswirkungen auf sie hatte."

Seroxat, das Mittel gegen Depression wird hergestellt von GlaxoSmithKline. Die Firma hat es jahrelang an Kindern und Jugendlichen getestet - doch die Ärzte erfuhren die Ergebnisse nicht. Negative Studien waren in keiner Zeitschrift veröffentlicht. Erst als in New York die Staatsanwaltschaft gegen GlaxoSmithkline ermittelte, stellte die Firma ihre Forschungsergebnisse ins Internet.

Prof. Jörg Fegert, Kinder- und Jugendpychiatrie Chefarzt Uni-Klinik Ulm:
"Negativ heißt, dass in den Studien die Wirksamkeit bei Kindern und Jugendlichen nicht nachgewiesen werden konnte und gleichzeitig in dieser Altersgruppe, wo Suizidgedanken häufiger sind, Suizidgedanken und -handlungen wie Ritzen gehäuft aufgetreten sind"

Ritzen, also sich selbst die Haut aufschlitzen, Selbstmordgedanken - Symptome, die sich auch bei Sharise zeigten, ehe sie sich das Leben nahm.

Prof. Jörg Fegert, Chefarzt Uni-Klinik Ulm:
"Der Kollege in diesem Fall, ein Hausarzt, wusste überhaupt nichts über diese Debatte, er hatte diese Daten ja nicht zur Verfügung. Er dachte, er hat ein sicheres Medikament, hat deshalb weder das Umfeld, noch die Eltern informiert, dass das Mädchen mehr Aufsicht braucht. Ich denke, wären diese Daten vorhanden gewesen, hätte sich vielleicht dieser Todesfall vermeiden lassen."

Statt teuerer Rückrufaktionen sollten die Firmen besser ihre eigene Werbung beim Wort nehmen. Doch viele Ärzte glauben, dass hier auch die Regierung versagt:

Prof. Jörg Fegert, Chefarzt Uni-Klinik Ulm:
"Die Politik müsste ein Veröffentlichungsgebot anordnen und die richtige Form wäre ein Register, in das alle neu begonnenen Studien eingetragen werden müssen, mit Zielgrößen: Was soll rauskommen? Welche Patienten werden untersucht? Dann könnten wir Ärzte uns ein Bild machen, was wird veröffentlicht und was wird uns vorenthalten."
Zuletzt geändert von Oliver am 11.11.2004 06:23, insgesamt 3-mal geändert.
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Tagesspiegel

Beitrag von Oliver »

[Ursprünglich gepostet von Astrid - danke Astrid :)]
Tagesspiegel vom 29.10.2004 hat geschrieben: Depressiv – durch Antidepressivum

Behandlung in jungen Jahren kann offenbar die Hirnreifung schädigen


Dr. Hartmut Wewetzer (Wissenschaftsredakteur)

Medikamente zur Behandlung von Depressionen bei Kindern und Jugendlichen können während der ersten Monate der Behandlung das Risiko von Selbstmordgedanken von zwei auf vier Prozent erhöhen. Das ergaben Untersuchungen in Amerika, die in den US-Medien in den letzten Monaten erheblichen Wirbel hervorriefen. Und heute erscheint eine Studie im Fachblatt „Science“ , die ebenfalls Besorgnisse auslösen könnte. Denn Wissenschaftler fanden Hinweise darauf, dass das heranwachsende Gehirn besonders empfindlich auf Mittel gegen Depressionen reagiert.

Forscher um Mark Ansorge von der New Yorker Columbia-Universität untersuchte, wie das Antidepressivum Fluoxetin (vermarktet als „Prozac“ oder „Fluctin“) das Verhalten von Mäusen beeinflusst, wenn man es neugeborenen Tieren verabreicht. Dabei zeigte sich, dass die mit Fluoxetin behandelten Tiere in ihrem späteren Leben ängstlicher und depressiver als andere Mäuse waren.

Wie kann ein Mittel gegen Traurigkeit seinerseits traurig machen? Um das zu verstehen, muss man einen Blick auf die Botenstoffe werfen, die bei Kontakten zwischen den Nervenzellen im Gehirn freigesetzt werden. Einer dieser Botenstoffe ist Serotonin. Ein Mangel an Serotonin im Gehirn wird als mögliche Ursache von Depressionen angesehen. Der Wirkstoff Fluoxetin nun erhöht den Serotoningehalt zwischen den Nervenzellen, indem er die Wiederaufnahme des Botenstoffes in die Zellen hemmt. Deshalb kann Serotonin länger wirken, ein Mangel wird behoben. Fluoxetin blockiert ein Eiweiß namens 5-HTT. Das ist ein Transporter,der Serotonin in die Zelle zurückbringt.

Aber 5-HTT kann noch mehr. Während der Entwicklung des Gehirns hilft es den Nerven dabei, sich zu teilen, zu entwickeln und Kontakte zu knüpfen. Werden diese positiven Effekte bei der Hirnreifung durch Fluoxetin blockiert, ist das Ergebnis paradoxerweise eine Depression – hervorgerufen durch ein Antidepressivum.

Die Wissenschaftler nehmen an, dass die empfindliche Phase für negative Effekte von Antidepressiva beim Menschen von der vorgeburtlichen Zeit bis zum achten Lebensjahr dauert. Werden Kinder in dieser Zeit Fluoxetin oder verwandten Mitteln ausgesetzt, könne das zu „unerwarteten Risiken für emotionale Störungen im späteren Leben führen“. Aber Kinder werden normalerweise erst nach dieser Zeitspanne mit Antidepressiva behandelt, beruhigt der Psychiater John Mann von der New Yorker Columbia-Universität.
Hartmut Wewetzer
Zuletzt geändert von Oliver am 06.11.2004 01:30, insgesamt 1-mal geändert.
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Schweizer Tagesanzeiger

Beitrag von Oliver »

Schweizer Tagesanzeiger vom 13.08.2003 hat geschrieben:Gefährliche Wirkung des Antidepressivums

Ein weit verbreitetes Medikament hilft vielen Menschen gegen Depressionen. Manchen Patienten jedoch macht es das Leben zur Hölle.

Daniel Bächtold

Drei Jahre lang nahm Elisabeth K. regelmässig Deroxat gegen ihre Depressionen. Während dieser Zeit ging es ihr ziemlich gut. Weil sie glaubte, ihre Krankheit überwunden zu haben, entschied sich die Schaffhauserin letztes Jahr, das Medikament abzusetzen. Um ihren Körper langsam auf ein Leben nach Deroxat vorzubereiten, reduzierte Elisabeth K. über mehrere Wochen die tägliche Dosis. Erst ging alles gut. Doch dann, einen Tag nach Einnahme der letzten Tablette, wähnte sie sich plötzlich in einem Alptraum. "Ich hatte ein Gefühl, als würde mir jemand Elektroschocks durch den Körper jagen", erinnert sie sich.

Fünf Tage verbrachte Elisabeth K. im Bett, konnte nichts essen, schwitzte und fror gleichzeitig. Sie habe an Kopfschmerzen und Übelkeit gelitten, und sobald sie ihren Kopf bewegte, habe sich alles vor ihren Augen gedreht, sagt die 31-Jährige. "Das hat grausam wehgetan." Erst nach drei Wochen war der Spuk vollständig vorbei.

Jessica B. aus dem süddeutschen Raum machte ebenfalls schlechte Erfahrungen mit einem Antidepressivum, welches den gleichen Wirkstoff wie Deroxat enthält. Wenige Tage nachdem die 19-Jährige das Medikament erstmals eingenommen hatte, litt sie unter "Selbstmordgedanken und Bildern, wie ich mich und andere Menschen verletzte". Ihr Arzt verschrieb Jessica das Antidepressivum, weil sie traurig und verwirrt war. Selbstmordgedanken aber hatte sie vorher nie. "Ich habe Glück, dass meine Tochter heute noch lebt", sagt Jessicas Mutter Linda B.

65 000 Anrufe besorgter Zuschauer

Elisabeth K. und Jessica B. sind keine Einzelfälle. Als die BBC im letzten Oktober ausführlich über Nebenwirkungen von Deroxat berichtete, gingen 1300 E-Mails und 65 000 Anrufe besorgter Zuschauer beim britischen Sender ein. Rund die Hälfte der E-Mails berichtete von negativen Erfahrungen: Schwierigkeiten beim Absetzen des Medikaments sowie Agitation und Gedanken an Selbstmord.

Deroxat ist weltweit das wahrscheinlich am häufigsten verschriebene Antidepressivum. Mit Deroxat allein erzielte der britische Pharmariese Glaxo Smith Kline im letzten Jahr einen Umsatz von rund 4 Milliarden Franken. Dieser dürfte in Zukunft sogar noch steigen. Denn immer häufiger wird das Medikament auch bei anderen psychiatrischen Krankheiten wie etwa sozialer Phobie, Zwangsstörungen oder posttraumatischer Belastungsstörung eingesetzt. Auch bei Essstörungen soll Deroxat helfen.

Seit sechzehn Jahren auf dem Markt

Mit vier anderen Medikamenten, darunter Fluctine, besser bekannt unter dem Namen Prozac, gehört Deroxat zu den selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmern. Diese so genannten SSRIs bewirken, dass Serotonin - ein Botenstoff, der Informationen zwischen Nervenzellen weiterleitet - länger im synaptischen Spalt bleibt. Experten glauben, dass sich das günstig auf die Gemütslage eines Patienten auswirke. "Diese Medikamente sind vom antidepressiven Effekt her gut. Das steht ausser Frage", sagt Franz Müller-Spahn von der Psychiatrischen Universitätsklinik Basel. Millionen von Patienten weltweit haben von SSRIs profitiert - einer Minderheit aber machten sie das Leben zur Hölle.

Seit SSRIs vor sechzehn Jahren auf den Markt kamen, gerieten sie besonders in Grossbritannien und den USA immer wieder ins Kreuzfeuer der Kritik. So geschehen vor zwei Jahren, als ein Gericht im amerikanischen Bundesstaat Wyoming den Hersteller von Deroxat zur Bezahlung von umgerechnet 8,7 Millionen Franken Schadenersatz an die Hinterbliebenen der Familie von Donald Schell verurteilte. Der 60-jährige Mann hatte seine Frau, die Tochter und die 10 Monate alte Enkelin erschossen, bevor er sich selber tötete. Nach Ansicht des Gerichts war Deroxat für das Blutbad verantwortlich. Zwei Tage vor der Wahnsinnstat nahm Donald Schell das Medikament erstmals ein. David Healy von der University of Wales hatte damals als Zeuge vor Gericht Zugang zu den Archiven des Deroxat-Herstellers Glaxo Smith Kline. "Für mich ist der Fall klar", sagt Healy heute. "Patienten können mit SSRIs suizidal werden und sich tatsächlich umbringen."

Nachdem SSRIs lange als nebenwirkungsarm und gut verträglich galten, mehren sich nun aber die Hinweise, dass dem nicht so ist. In den letzten Jahren haben einige nationale Zulassungsbehörden Deroxat und andere SSRIs unter die Lupe genommen.

Die amerikanische Food and Drug Administration liess Ende 2001 verlauten, dass die Probleme beim Absetzen von Deroxat schwer wiegend sein können. Und das Irish Medicines Board verlangte letztes Jahr, dass die Packungsbeilage explizit auf die Suizidgefahr hinweist. Anfang Juni 2003 hat zudem das britische Committee on Safety of Medicines entschieden, dass Deroxat ab sofort nicht mehr an Jugendliche unter 18 Jahren abgegeben werden sollte.

Gemäss neuen Studien kann die Einnahme des Medikaments in dieser Altersgruppe zu einer 1,5- bis 3,2fachen Häufung von Selbstmordgedanken und Selbstmordversuchen führen. Zudem sei die Wirksamkeit des Medikaments bei Jugendlichen nicht erwiesen. Die kanadischen und amerikanischen Zulassungsbehörden haben sich inzwischen dieser Empfehlung angeschlossen.

"Vorteile überwiegen die Nachteile"

Für das schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic besteht im Moment kein Handlungsbedarf. "Wir verfolgen aktiv die Entwicklung dieser Problematik", erklärt Monique Helfer von Swissmedic. In der Schweiz habe man aber keine Häufung von entsprechenden Nebenwirkungen festgestellt, meint sie. Zudem würde die Anwendung von Deroxat bei Kindern hier zu Lande ohnehin nicht empfohlen.

Fachärzte ihrerseits beobachten die gegenwärtige Kontroverse um Deroxat mit gemischten Gefühlen. "Ich verstehe die Bedenken", sagt Anthony Cleare vom King’s College in London. Die Vorteile von Deroxat würden jedoch die Nachteile überwiegen, meint er. "Wir riskieren, das Kind mit dem Bade auszuschütten." Ähnlich argumentiert Thomas Schläpfer von der Psychiatrischen Uni-Klinik Bonn, der bis vor wenigen Monaten am Inselspital Bern tätig war.

Schwere Depressionen müsse man aggressiv und nachhaltig mit SSRIs behandeln, meint Schläpfer. "Man weiss heute aber, dass diese Medikamente ernst zu nehmende Nebenwirkungen haben." Nach Meinung von Schläpfer würden SSRIs in der Schweiz nicht zu häufig, sondern oftmals an die falschen Patienten verschrieben. Die Mehrzahl der SSRI-Rezepte unterschreiben hier zu Lande Hausärzte. Diesen sitzen Kugelschreiber und Rezeptblock jedoch allzu locker, monieren Experten. Ist der Patient etwas traurig oder klage über Angst, bekomme er ein Antidepressivum. Dabei seien Hausärzte über die Nebenwirkungen oftmals zu wenig informiert. Schläpfer sieht denn auch bei der Schulung hiesiger Allgemeinmediziner im Umgang mit SSRIs Nachholbedarf. Franz Müller-Spahn vom Basler Uni-Spital ist gleicher Meinung: "Nicht das Medikament ist schlecht, sondern eher, wie man damit umgeht. Man muss viel Erfahrung damit haben."

Trotzdem: Die Europäische Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln hat vor wenigen Wochen angekündigt, die Risiken von Deroxat einer eigenen Prüfung zu unterziehen. Der Bericht geht in spätestens sechs Monaten an die Europäische Kommission. Bruno Müller-Oerlinghausen, Vorsitzender der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, ist erfreut, dass das Thema Suizidalität und SSRIs wieder auf den Tisch kommt. "Es bestand lange ein Verdacht, der dann aber wieder verschwand", meint Müller-Oerlinghausen. "Es gibt aber gute Gründe, anzunehmen, dass SSRIs die Suizidalität ungünstig beeinflussen können."
Oliver
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Wiener Zeitung

Beitrag von Oliver »

Wiener Zeitung vom 30.06.2003 hat geschrieben: Glücklich bis in den Abgrund

Paroxetin: Wunderwaffe gegen Angst und Depression unter Beschuss


Christa Karas
Es ist seit seiner Einführung vor mehr als zehn Jahren eines der meistverkauften Medikamente der Welt, weil mit ihm die weitaus häufigsten psychischen Leiden wie Depression, Angst, Zwang, Sozialphobie und Essstörungen erfolgreich behandelt werden können. Doch die segensreiche Wirkung von Paroxetin - sein häufigster Handelsname in Europa ist Seroxat, in den USA und Kanada Paxil - hat ihren vor allem immateriellen Preis. Die Substanz, die sogar ohne Verschreibung über das Internet bestellt werden kann, erzeugt in einem hohen Maß Abhängigkeit. Und sollte vor allem Kindern und Jugendlichen auf Grund neuer Erkenntnisse gar nicht gegeben werden.

Den Ärzten ist kein Vorwurf zu machen. Als die sogenannten SSRI (Selective Serotonin Re-uptake Inhibitor = Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer), zu denen Paroxetin gehört, vor Jahren die mit zahlreichen Nebenwirkungen belasteten "klassischen" Antidepressiva ablösten, wurde dies zu Recht als Meilenstein in der medikamentösen Therapie gefeiert und die Psychotherapeuten mussten bereits um ihre Existenz bangen. Sowohl Ärzte als Patienten waren glücklich, zumal alle glaubten, was der Hersteller versprach: Die Wunderdroge erzeuge zumal im Gegensatz zu den obsoleten Antidepressiva und den bösen Benzodiazepinen keine Abhängigkeit.
Tatsächlich findet sich bis heute kein Warnhinweis dieser Art im sonst überaus ausführlichen, aktuellen Beipacktext von Seroxat. Zur Frage "Was müssen Sie beachten, wenn Sie die Behandlung unterbrechen oder vorzeitig beenden?" werden lediglich Symptome wie "Schwindel, Empfindungsstörungen, Schlafstörungen, Erregbarkeit oder Angst, Übelkeit und Schwitzen" genannt, zu denen es kommen könne.

Schwerer Ausstieg

Mittlerweile mussten Tausende Menschen weltweit zur Kenntnis nehmen, dass es auf jeden Fall dazu kommt und dass aus ihrer seinerzeit vielleicht nur vorübergehend behandlungsbedürftigen Störung ein Leiden geworden ist, das eine lebenslange Einnahme des Medikaments erforderlich macht. Oder dass sie viele Monate ihrer Lebenszeit nur damit zubringen werden, den sogenannten "schleichenden Ausstieg" zu bewältigen, bei dem die Droge sukzessive reduziert wird. Was ein deutscher User im Chat-Forum ungefähr so beschrieb: "Habe Drogenerfahrung, aber ihr könnt mir glauben, dass nichts so schlimm war wie damit aufzuhören: Vor allem dieses Gefühl, Elektroschocks ins Gehirn verpasst zu bekommen... und der Arzt, der einem das gar nicht glaubt."
Um Einzelfälle handelt es sich dabei wahrlich nicht: Als der britische Fernsehsender BBC das Thema vor zwei Jahren in seiner Panorama-Sendung aufgriff, löste er damit die massivsten Zuseherreaktionen seit seines Bestehens aus, mussten die Mitarbeiter an den Telefonen und Computern Sonderschichten einlegen und ein Team von Elektrotechnikern nächtens ausrücken, um die Leitungen zu verstärken. - Gewiss, nicht alle der 67.000 Anrufer und 1.400 Mail-Versender übten Kritik an Seroxat, viele attestierten dem Mittel naturgemäß - im Hinblick auf rund vier Millionen Verschreibungen allein in Großbritannien im vergangenen Jahr - sogar die enorm positive Wirkung, die es ja durchaus hat.
Doch die dunkle Seite reflektieren Selbstmorde, (Auto-)Aggressionen und kriminelle Handlungen mit zum Teil spektakulären Folgen unter Seroxat-Einfluss, die Chat-Foren sowie die WHO: Eine im Auftrag der Weltgesundheitsorganisation durchgeführte Studie zum Thema "Absetzen von Antidepressiva" zeigte, dass es am schwersten ist, von Seroxat wieder los zu kommen.

Vom Enkel bis zur Oma

Dem Hersteller ist das natürlich alles bekannt. Dennoch setzte er jüngst noch eins drauf, als er bei der US-Food and Drug Administration (FDA) um die Zulassung von Paxil zur Behandlung von Kindern mit Zwangsstörungen einkam, um eine offensichtlich ohnehin gängige Praxis zu legitimieren. Denn tatsächlich besteht kein Zweifel, dass auch zahlreiche junge Patienten Seroxat/Paxil erhalten (haben). Allein in England, so "The Scotsman", geschätzte 8.000 in den vergangenen 12 Monaten.
Und aus England kamen nun am 10. Juni auch behördliche Anweisungen an die Ärzte, Paroxetin aus Sicherheitsgründen nicht mehr an unter 18-Jährige abzugeben, nachdem in mehreren klinischen Expertenstudien festgestellt worden war, dass die Substanz das Risiko zu Selbstbeschädigung und Selbstmord insbesondere in dieser Altersgruppe um das 1,5 bis 3,2-fache (gegenüber Placebo) erhöht. Die FDA entschloss sich auf Grund dieses Ergebnisses vor wenigen Tagen ebenfalls zu einer entsprechenden Warnung.
Pikant: Infolge verwies der Hersteller darauf, ohnehin selbst gewarnt zu haben. Der entsprechende Satz in der aktuellen Gebrauchsinformation lautet: "Aufgrund mangelnder Erfahrung ist Seroxat derzeit nur für Patienten ab dem 18. Lebensjahr geeignet."
Doch eine andere Zielgruppe gibt´s ohnehin schon längst: Frauen in den Wechseljahren. An Depressionen müssen sie nicht einmal leiden, ergab doch soeben eine US-Studie, dass "schon eine Tagesdosis von 25 mg Paxil die Hitzeschübe bei bis zu zwei Dritteln der (165) untersuchten Frauen deutlich verringert". (Veröffentlicht im "Journal of the American Medical Association".)
Im Gegensatz dazu nennen User in den Internet-Foren als häufigste beständige Nebenwirkungen: Nachtschweiß, Gewichtszunahme, Kopfrumoren, Sexualstörungen, Gefühllosigkeit und Abstumpfung - bis hin zu plötzlichen aggressiven Handlungen, bevorzugt gegen sich selbst: Um diesem Druck im Kopf ein Ventil zu schaffen, wie viele es nennen, um wenigstens etwas zu spüren - und sei es der Schmerz.

Verpflichtende Tests

Dabei wäre das Problem vielleicht sogar lösbar. Erst vor kurzem verwies der Freiburger Univ.-Prof. Joachim Bauer darauf, dass mehr als 30 Prozent der Menschen auf Grund einer genetischen Veranlagung nicht im Stande sind, Medikamente - vor allem Antidepressiva - abzubauen, und dass dies zum Teil schwere Unversträglichkeits-Reaktionen zur Folge habe. Bauer fordert ebenso wie weitere Experten die verpflichtende Diagnostik individueller Medikamentenverträglichkeit mit den zur Verfügung stehenden notwendigen Verfahren.
Oliver
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Die Welt - SSRI erhöhen das Risiko für innere Blutungen

Beitrag von Oliver »

<a href=''http://www.welt.de/data/2004/11/24/364623.html'>Die Welt - Wissenschaft</a> hat geschrieben: Antidepressiva erhöhen das Risiko für innere Blutungen

Utrecht - Eine Gruppe häufig verwendeter Antidepressiva kann das Risiko für Blutungen steigern. Darauf deutet eine umfangreiche Studie niederländischer Forscher hin. Demnach kommt es bei Patienten, die starke, sogenannte selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs) einnehmen, häufiger zu Blutungen - etwa in der Gebärmutter, im oberen Verdauungstrakt oder auch im Hirn. Das berichtet Welmoed Meijer vom Institut für Pharmawissenschaften in Utrecht im Fachmagazin "The Archives of Internal Medicine".
Serotonin spielt eine Rolle bei der Blutgerinnung. SSRIs behindern die Wiederaufnahme von Serotonin aus dem synaptischen Spalt und beeinflussen damit auch die Menge des Botenstoffs im Blut. Daher wurde bereits vermutet, daß diese Antidepressiva abnormale Blutungen begünstigen können. Meijer und seine Kollegen analysierten in ihrer Studie nun die Daten von mehr als 64 000 Patienten, die zwischen 1992 und 2000 begannen, SSRIs einzunehmen.
Insgesamt waren 196 der Probanden mit ungewöhnlichen Blutungen in ein Krankenhaus eingeliefert worden. Die Forscher fanden dabei einen deutlichen Zusammenhang zwischen der Stärke der Medikamente und dem Risiko für eine Blutung. Stärkere Antidepressiva, welche die Wiederaufnahme von Serotonin mittelmäßig bis hochgradig hemmen, steigerten das Risiko im Vergleich zu weniger starken SSRIs um mehr als das Doppelte.
Hier ist das Abstract der Studie
Association of Risk of Abnormal Bleeding With Degree of Serotonin Reuptake Inhibition by Antidepressants

Welmoed E. E. Meijer, PhD; Eibert R. Heerdink, PhD; Willem A. Nolen, MD, PhD; Ron M. C. Herings, PhD; Hubert G. M. Leufkens, PharmD; Antoine C. G. Egberts, PharmD

Arch Intern Med. 2004;164:2367-2370.


Background Serotonin plays a role in platelet aggregation. Because antidepressants influence blood serotonin levels, their use may be associated with an increased risk of abnormal bleeding. However, previous studies were inconclusive regarding this association. The aim of this study was to estimate the risk of abnormal bleeding associated with the use of antidepressants and to establish the relationship between serotonin reuptake inhibition and the risk of bleeding.
Methods We used data collected from 1992 through 2000 to conduct a nested case-control study of a cohort of more than 64 000 new antidepressant users. Cases were identified as all patients hospitalized for a primary diagnosis of abnormal bleeding, and they were matched with controls for age and sex. We classified exposure according to the degree (high, intermediate, or low) of serotonin reuptake inhibition and performed logistic regression analysis to calculate odds ratios.
Results There were 196 cases of abnormal bleeding. The risk of hospitalization increased with the use of inhibitors providing intermediate (odds ratio, 1.9; 95% confidence interval, 1.1-3.5) and high degrees of serotonin reuptake inhibition (odds ratio, 2.6; 95% confidence interval, 1.4-4.8).
Conclusions In a large population of new antidepressant users we found a significant association between degree of serotonin reuptake inhibition by antidepressants and risk of hospital admission for abnormal bleeding as the primary diagnosis. An increased risk of abnormal bleeding was strongly associated with the degree of serotonin reuptake inhibition.
Author Affiliations: Department of Pharmacoepidemiology and Pharmacotherapy, Utrecht Institute for Pharmaceutical Sciences (Drs Meijer, Heerdink, Herings, Leufkens, and Egberts) and Kendle International (Dr Meijer), Utrecht, the Netherlands; Department of Psychiatry, University Hospital Groningen, Groningen, the Netherlands (Dr Nolen); PHARMO Institute for Drug Outcome Research, Utrecht (Dr Herings); Hospital Pharmacy Midden-Brabant, TweeSteden and St Elisabeth Hospital, Tilburg, the Netherlands (Dr Egberts).
JAMA/Archives Media Relations
Englischer Artikel zum Thema hat geschrieben: Antidepressants May Increase Risk of Abnormal Bleeding

CHICAGO, IL -- November 22, 2004 -- New users of selective serotonin reuptake inhibitors (SSRIs, a type of antidepressant) have an increased risk of being admitted to the hospital for abnormal bleeding, according to an article in the November 22 issue of The Archives of Internal Medicine, one of the JAMA/Archives journals.
According to the article, case reports and observational studies have shown a relationship between SSRI use and abnormal bleeding. It is believed that serotonin plays a role in blood clotting, and because SSRIs affect serotonin levels, they may be associated with an increased risk of bleeding, the article states.
Welmoed E. E. Meijer, Ph.D., of Utrecht Institute for Pharmaceutical Sciences, the Netherlands, and colleagues estimated the risk of abnormal bleeding associated with antidepressant use among 64,000 new antidepressant users. The data analyzed were collected from 1992 through 2000. Individuals were classified according to the degree (high, intermediate, or low) of serotonin reuptake inhibition of the antidepressants they were taking.
Among study participants, there were 196 cases of abnormal bleeding (including abnormal uterus bleeding and gastrointestinal bleeding). The risk of hospitalization increased with the use of drugs providing intermediate (twice as likely) and high (2.6 times as likely) degrees of serotonin reuptake inhibition.
"We found a significant association between degree of serotonin reuptake inhibition by antidepressants and risk of hospital admission for abnormal bleeding," the authors write. "Antidepressants with a high degree of inhibition of serotonin reuptake were associated with a 2.6-fold increased risk of bleeding events compared with antidepressants with a low degree of serotonin reuptake inhibition," the researchers conclude.
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Die Zeit

Beitrag von Oliver »

Die betrügerischen Methoden der Pharmakonzerne, um Medikamente auf den Markt zu drücken werden langsam publik und es werden Konsequenzen gezogen. Hier ist der relevante Teil eines Artikels in der Zeit:
Die Zeit hat geschrieben:Im Publikationsskandal des Jahres wurde offenbar, dass die britische Pharmafirma GlaxoSmithKline Ergebnisse aus eigenen Studien über Wirkungen und Nebenwirkungen eines Depressions-Medikaments einseitig und selektiv veröffentlicht hatte. Das Unternehmen konnte daraufhin eine Klage in den USA nur gegen eine Zahlung von 2,5 Millionen Dollar abwenden. Unabhängige Auswertungen hatten zuvor gezeigt, dass von dem Unternehmen vertriebene Antidepressiva bei suizidgefährdeten Kindern und Jugendlichen nicht besser als ein Placebo wirken und sogar vermehrte Selbstmordgedanken auslösen können; der Medikamententyp sollten daher bei ihnen nicht weiter eingesetzt werden. Erfreuliche Konsequenz aus diesen und weiteren Vorfällen: Ab Juli des kommenden Jahres wollen die wichtigsten medizinischen Fachjournale nur noch zuvor registrierte Studien akzeptieren, damit auch negative Ergebnisse bekannt werden können.
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Der Stern

Beitrag von Oliver »

Quelle
Auszug aus dem Artikel hat geschrieben:Neue Wege aus dem Tief
Immer deutlicher zeichnet sich ab, dass Medikamente allein nicht dauerhaft aus der Depression heraushelfen. Nur wer seine krank machenden Verhaltens- und Gefühlsmuster verändert, kann dem schweren Seelenleiden entkommen. Dazu bedarf es einer speziell ausgerichteten Psychotherapie.

[...]

Mit Antidepressiva kann von Heilung keine Rede sein

Die modernen selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) können zunächst ein Segen für die aus der Bahn geworfene Seele sein, denn sie schützen das Gehirn wie ein Puffer vor den Auswirkungen negativer Emotionen (Anmerkung von Oliver: das gilt aber auch nur für einen Teil der Leute die SSRI nehmen - bei anderen können SSRI eine extreme Verschlechterung der Symptomatik bewirken). Doch etliche Wissenschaftler bezweifeln inzwischen, dass die Behandlung allein mit Antidepressiva die richtige Methode ist, um der Krankheit Herr zu werden. Denn von Heilung kann keine Rede sein. Innerhalb von zwei Jahren, so haben Studien zur Langzeitwirkung von Antidepressiva gezeigt, erleiden rund 80 Prozent der zunächst wirksam mit Psychopharmaka Behandelten einen Rückfall. "Depressive nur medikamentös zu behandeln ist streng genommen unverantwortlich", meint deshalb der Berner Psychologieprofessor und Depressionsexperte Klaus Grawe.
Dank der Erkenntnisse der modernen Hirnforschung zeichnet sich immer deutlicher ab, warum Tabletten als Therapie nicht ausreichen.
Noch bis vor kurzem glaubten Wissenschaftler und Mediziner, Depressionen seien - ähnlich wie die Zuckerkrankheit - lediglich die Folge eines zu niedrigen Spiegels bestimmter Botenstoffe. Vor allem ein Mangel an Serotonin im Gehirn, so die Idee, sei schuld an der krankhaften Schwermut. "Heute wissen wir, dass das naiv war", gesteht der Psychiater Eric Nestler von der University of Texas in Dallas inzwischen offen ein. Zwar greifen die modernen Antidepressiva gezielt in die Aktivität der Hirnbotenstoffe Serotonin oder Noradrenalin ein, indem sie die Wirkung dieser Stimmungshormone im Gehirn verstärken. Daraus abzuleiten, ein Serotonin-Defizit sei der Auslöser der Misere, scheint jedoch voreilig gewesen zu sein.

[...]
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Re: Kritische Medienberichte über SSRI

Beitrag von Oliver »

import aus ADFD.wissen

Autor: CloneX
Erstveröffentlichung: 13.12.2006


Reportagen

Medienberichte und Artikel zum Thema.

2004

datum: 9.10.2004
url: http://abcnews.go.com/Health/story?id=311956&page=1
titel: Primetime Live: Paxil addiction
beschreibung: ABC begleitet zwei junge Frauen, die sich nur unter schwersten Entzugssymptomen von ihrem Antidepressivum Paxil (Seroxat) trennen können. Zusätzlich deckt ABC auf, dass der Hersteller GlaxoSmithKline wichtige Dokumente zu Studien vorenthalten hat und in internen Dokumenten darauf hinweist, möglichst nicht das Wort withdrawal (Entzug) zu verwenden, sondern besser von discontinuation (Absetzen) zu sprechen. Grund: Es könnte die Einnahmen reduzieren.

Die Sendung als Video bei YouTube

2003
datum: 11.05.2003
url: http://news.bbc.co.uk/1/hi/programmes/p ... 982797.stm
titel: BBC Panorama: E-Mails from the edge
beschreibung: Nach der Ausstrahlung der Panorama Sendung vom 13.10.2002 erreichte die Redaktion eine bis dahin noch nicht erreichte Resonanz von Zuschauern. Für viele stellt das Medikament Seroxat eine große Hilfe dar, doch andere berichten von ausgelösten Aggressionen, Abhängigkeit, Selbstverletzung und Suizid.

2002

datum: 13.10.2002, 22:15 Uhr
url: http://news.bbc.co.uk/1/hi/programmes/p ... 310197.stm
titel: BBC Panorama: The secrets of Seroxat (Die Geheimnisse von Seroxat)
beschreibung: Das Medikament Seroxat ist eines der meistverkauften Antidepressiva weltweit. Die Nachforschungen von Panorama haben aber gezeigt, dass dieses Medikament auch eine dunkle Seite hat. Es kann Menschen abhängig machen und zu massiven Entzugserscheinungen führen. Bei anderen führt es zu Selbstverletzung und Selbstmord. Der Hersteller weißt die Anschuldigungen von sich.

Skript zur Sendung

Artikel

2006

datum: 03.11.2006
url: http://www.stern.de/wissenschaft/medizi ... 69101.html
titel: Stern: Der Körper spielt verrückt
beschreibung: Der Stern berichtet über die Absetzproblematik und das Ausmaß von Entzugssymptomen nach dem Absetzen von SSRI Antidepressiva.
: Muskelschmerzen, Heulkrämpfe, Schwindel und Durchfall: Das sind nur einige der Beschwerden, mit denen sich Patienten herumschlagen müssen, die Antidepressiva wechseln oder absetzen. Über die Ursachen des Phänomens wird gerätselt. [..] seitdem häufen sich Berichte von Patienten, die beim Absetzen der Mittel heftige Beschwerden erleiden. Bei den gängigen Präparaten Effexor (Wirkstoff Venlafaxin) und Paxil gibt es so viele Klagen, dass manche Ärzte sie nicht mehr verordnen. [..] Patienten klagen über Beschwerden verschiedenster Art, die mitunter schon Stunden nach dem Absetzen auftreten. Sie reichen von Übelkeit, Muskelschmerzen und Heulkrämpfen bis hin zu Schwindel und Durchfall. Manche Menschen berichten von elektrischen Impulsen, die sich vom Hinterkopf ausbreiten.

Category:Medienberichte
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