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Antidepressiva - “Größtenteils nutzlos und potenziell schädlich

Verfasst: 26.02.2018 13:17
von Murmeline
Ein Interview über den problematischen Erfolg der Antidepressiva

Michael P. Hengartner ist promovierter Psychologe und forscht an der Züricher Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Von 2009 bis 2014 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich. Seit 2015 ist er auch Dozent für Psychosoziale Medizin an der Universität Zürich und für Psychopathologie an der Fachhochschule Nordwestschweiz. Seine Forschungsschwerpunkte sind klinische Psychologie, Sozialpsychiatrie und die Verbreitung (Epidemiologie) psychischer Störungen.


Ich schaute mir auch Forschung zur Wirksamkeit von Psychotherapie an. Dann stieß ich auf die kritischen Arbeiten zur Wirksamkeit von Antidepressiva der britischen Psychiater David Healy und Joanna Moncrieff, des amerikanischen Psychologen Irving Kirsch oder des dänischen Arztes und Direktors der nördlichen Cochrane-Zenters Peter Gøtzsche. Ich war schockiert über das Ausmaß methodischer Verzerrungen in diesen Antidepressiva-Studien.

Michael P. Hengartner: Patienten mit einer diagnostizierten Depression bekommen oft schon ein anderes Medikament verschrieben. Um die Studienergebnisse nicht durch solche Substanzen zu verfälschen, gibt man ihnen wenige Tage vor Beginn der randomisierten Studie erst einmal ein Placebo. Dies wird als Placebo-Washout bezeichnet. Es heißt, dass damit das alte Medikament aus dem Körper gewaschen werden soll. Wer dann schon eine Verbesserung zeigt, also stark auf das Placebo reagiert, der wird aus der späteren Untersuchung ausgeschlossen.

Ein anderes Problem ist, dass durch das Absetzen des alten Medikaments Entzugserscheinungen auftreten können. Denken Sie etwa an Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit, Ängstlichkeit oder Schlafprobleme. Die wenigen Tage Placebo-Washout vor der Studie sind oftmals zu kurz, als dass diese Symptome vor Studienbeginn bereits abgeklungen wären. Nun muss man wissen, dass das auch Symptome sind, mit denen man die Schwere depressiver Störungen misst.

Das heißt, manche Patienten in der Placebo-Gruppe verzeichnen zu Beginn der Hauptuntersuchung einen höheren Depressionswert, der aber durch den Medikamentenentzug ausgelöst wurde. Bei Personen in der Wirkstoff-Gruppe wiederum tritt kurz nach Beginn der Studie eine deutliche Verbesserung ein, denn die Vergabe von Antidepressiva beendet das Entzugssyndrom unmittelbar. Wenn in Studien von lediglich 4-6 Wochen in der Antidepressiva-Gruppe eine etwas größere Symptomverbesserung verzeichnet wurde als in der Placebo-Gruppe, könnte das nicht für die wirkweise des neuen Medikaments sprechen, sondern schlicht für das Abklingen dieser Entzugserscheinungen.

In den Daten lassen sich diese Effekte leider nicht voneinander unterscheiden. Bei manchen Patienten in der Placebo-Gruppe können die Symptome unmittelbar nach dem Absetzen auftreten, also in der Washout-Phase. Bei anderen geschieht das erst verzögert, während der eigentlichen Untersuchung. Wir wissen aus Studien, dass 10 bis 50 Prozent der Patienten solche Entzugserscheinungen haben können.

Frage: Und was meinen Sie mit Gefährdung der Gesundheit?

Michael P. Hengartner: Hier geht es eher um die langfristige Einnahme von Psychopharmaka, also über viele Jahre hinweg. Man muss sich vor Augen führen, dass es sich um psychoaktive Substanzen handelt. Wie andere Drogen auch. Das heißt, die Medikamente wirken irgendwie im Gehirn, auch wenn sie meiner Meinung nach nicht speziell die depressiven Symptome lindern.

Nun weiß man zudem, dass Serotonin im ganzen Körper wirkt und beispielsweise die Immunfunktion und den Stoffwechsel beeinflusst. So kann es schließlich zu einer Störung lebenserhaltender Körperprozesse kommen. Und natürlich zu neurobiologischen Störungen aufgrund andauernder Veränderung der Gehirnchemie.

Mir geht es nicht darum, Psychopharmaka zu verteufeln. Man muss aber bewusster damit umgehen, was die Substanzen im ganzen Körper machen, und das in die Abwägung von Nutzen und Risiken einbeziehen. Mehrere Studien zeigen inzwischen sehr deutlich, dass die langjährige Einnahme von Psychopharmaka bestimmte Gesundheitsrisiken erhöht.
https://scilogs.spektrum.de/menschen-bi ... chaedlich/

Re: Antidepressiva - “Größtenteils nutzlos und potenziell schädlich

Verfasst: 26.02.2018 14:01
von Clarissa
Super Artikel, dem ich Wort für Wort zustimme!

Grüsse von Clarissa

Re: Antidepressiva - “Größtenteils nutzlos und potenziell schädlich

Verfasst: 26.02.2018 16:44
von Arianrhod
Habe den Artikel als Leserkommentar beim SPON- Artikel http://www.spiegel.de/gesundheit/diagno ... 94880.html hinterlassen ( und bin sogar durch die :censored: gekommen)

:wink:

liebe Grüße Arian

Re: Antidepressiva - “Größtenteils nutzlos und potenziell schädlich

Verfasst: 13.04.2018 23:59
von Kaulquappe 411
Schaut mal, hab ich heute entdeckt.
Weiß nicht ob das hier der richtige Platz ist oder ob das irgendwo schon mal gepostet wurde, hab nix gefunden oder halt übersehen.

Falls es nix ist, bitte löschen:

Info Murmeline: gelöscht

Ich finde da sind einige gute Anregungen dabei, was da geschrieben steht. Das Buch selbst hab ich nicht, also soll keine WErbung für das Buch sein.

Bestimmt kennt ihr das schon.

Quappi

Re: Antidepressiva - “Größtenteils nutzlos und potenziell schädlich

Verfasst: 14.04.2018 14:36
von inandout
Hmm,

danke fürs Posten, habe es überflogen; leider wird auch dort die These von der biochemischen Störung im Gehirn als Grund für Depression aufgewärmt, wie in der Psychiatrie, und dann auch noch marktschreierisch mit einem eindeutigen Verkaufsinteresse. Nichts für ungut, aber ich würde dafür kein Geld ausgeben.

LG, inandout

Re: Antidepressiva - “Größtenteils nutzlos und potenziell schädlich

Verfasst: 14.04.2018 14:42
von Murmeline
Hallo!

Wir vom Team finden das Buch nach kurzer Sicht nicht empfehlenswert, es wirbt u.a. mit kritikablen Versprechungen. Daher wurde der Link gelöscht.

Grüße von Murmeline

Re: Antidepressiva - “Größtenteils nutzlos und potenziell schädlich

Verfasst: 29.11.2019 08:50
von Bittchen
Liebe Katharina , liebe Mitleser,

deinen Bericht kann ich zu 100 % zustimmen.
Sehr lange habe ich mich ja Im Depression - Forum der "Deutschen Depression Hilfe ,gegründet von Professor Hägerl, ausgetauscht.
Überwiegend sind die Betroffene dort wirklich sehr nette Menschen,aber auch oft sehr Psychopharmaka gläubig .
War ich ja früher leider auch.
Bis dann auch da eine Betroffene das Buch empfohlen hat "Unglück auf Rezept".
Sie nimmt selbst sehr viele Neuroleptika und Ads über Jahre und hat schwere Einschränkungen dadurch.
Da habe ich ganz langsam Zweifel bekommen und auch das zuletzt verordnete Medikament ,was ich 7 Jahre genommen hatte,abgesetzt.
Durch die Probleme beim zu schnellen Absetzen, kam ich GsD hier in dieses Forum ADFD.

In den letzten drei Jahren wurden meine kritischen Anmerkungen über Psychopharmaka, immer öfter ein Problem in dem ganz oben erwähnten Forum für mich.
Wenn ich dem Austausch da im Medikamenten-Faden widersprochen habe oder ehrlich über meine eigenen Erfahrungen geschrieben habe, wurde das erst geduldet.
Die Moderatorin war da noch Frau Blume,eine ganz liebe junge Frau,ich kenne sie persönlich durch ein Treffen ,organisiert durch das Bündnis, oder auch einmal durch eine Begegnung beim Depression -Kongress vor 4 Jahren.
Diese junge Frau ist jetzt in einem anderen Bereich der Uni Leipzig tätig.
Herr Dr.Niedermeier ist im Moment alleine verantwortlich als Moderator für das erwähnte Forum.
Ein Psychiater aus München,wird auch im Forum da auch Dr. Niederlöscher genannt.
Ein nach meinem Empfinden nicht sehr empathischer Arzt.
Aber da habe ich ja schon einige dieser "abgestumpften,besserwisserischen, sturen Ärzte" in diesem medizinischen Bereich kennen gelernt.
Da konsultiere ich keine Ärzte,Psychiater usw. mehr.

Wenn ich kritische Artikel gepostet habe oder das Forum ADFD dort öfter erwähnt habe,dann wurde das nicht gerne gesehen.
Es gab aber auch so 20 Nutzer dieses Forums ,die auf meiner Linie waren und kritisch geschrieben haben.
Das wurde missmutig hingenommen,aber zuletzt ,wie dann auch noch Frau Blume,warum auch immer,dieses Forum als Moderatorin verließ,war der Frust von Dr.Niedermeier wohl sehr groß.
Erst wurden alle Pharmakritiker ermahnt ,sich ein anders Forum zu suchen.
Mir hat er dann eine "Double Bind Störung "diagnostiziert,weil ich meine Warnungen vor den Medikamenten und meine Spätschäden zu oft wiederholt hätte.
"Er wollte das nicht mehr lesen"schrieb er.
Wie ich dann trotzdem noch einmal,verständnisvoll bei einem Bericht antwortete,den ein Betroffenen mit Namen Ziegelstein im Medikamentenfaden schrieb,wurde ich ohne Kommentar gesperrt.

Damit hatte ich gerechnet.
Der besagte Betroffene berichtete über massive Spätschäden an Nieren,Darm und Leber.
Er wurde Indirekt von Dr.Niedermeier bezichtigt zu viele Schmerzmittel genommen zu haben,diese Nebenwirkungen oder Spätschäden gäbe es bei Psychopharmaka nicht!!!
Das konnte ich so nicht stehen lassen und widersprach.
Leider bin ich nicht so fit ,um mich da mit wissenschaftlichen Argumenten austauschen zu können.
Das besagte Forum vermisse ich nicht mehr,die mir teilweise ans Herz gewachsenen Menschen da schon sehr.
Den Hierarchien da, will ich mich aber nicht mehr beugen,denn ich habe nie Höflichkeit oder Anstand verletzt im Austausch mit den Betroffenen dort.

Gerne hätte ich meine Erfahrung über die Schäden,die Psychopharmaka bei mir angerichtet haben,weiter da berichtet,das ist aber nicht erwünscht.
Was soll ich dann da?
Scheinheilig sein will ich auch nicht.
Hier kann ich mich weiter austauschen und auch über meine Fortschritte ohne Psychopharmaka berichten.
Auch weiß ich mich ja schon länger gut aufgehoben und verstanden.
Dass ich nicht die ganze Welt retten kann,weiß ich auch,das habe ich aber versucht.
Da bin ich jetzt auch selbstkritisch,aber es war ein "Kampf" gegen Windmühlen.
Wenn nur einige Betroffenen aus dem besagtem Forum da, sich hier schlau machen und nachdenken,was ihnen täglich angetan wird,dann habe ich schon viel erreicht.
Vielleicht finden ja doch einige den Weg hierher.
Das waren meine Gedanken dazu,vielleicht nicht so ganz passend,aber es beschäftigt mich immer wieder,das was mir passiert ist und was immer so weiter von den Ärzten praktiziert wird.

Meinen Dank an dich Katharina und an die anderen Forianer hier, sich die Mühe gemacht haben,diesen langen Beitrag zu lesen.
Durch meinen nicht so guten Erfahrungen in dem anderem Forum ,habe ich jetzt auch hier Angst ,wenn ich meine Erfahrungen zu oft schildere,auch unerwünscht zu sein.
Aber ganz alleine mit meinen Folgen der Psychopharmaka-Einnahme zu sein ,es ist ja noch immer nicht vorbei,wäre für mich schwierig.
Gerade weil ich wieder privat einige Schicksalsschläge hinnehmen musste.
Aber eins weiß ich genau,"Da helfen keine Pillen".
Auch so ein Mantra ,was ich mir immer wieder vorsage.

Ganz liebe Grüße an dich Katharina und an alle Mitleser.
Brigitte

Re: Antidepressiva - “Größtenteils nutzlos und potenziell schädlich

Verfasst: 29.11.2019 14:38
von Bittchen
Liebe Katharina,

ja,ich habe da in dem Forum einige mir lieben Menschen gelassen, mit denen ich mich ausgetauscht habe und die mich auch vermissen,dies auch offen da schreiben.
Das interessiert Dr.Niederlöscher nicht.
Was hier mit weg war, weiß ich leider nicht,das tut mir aber leid.
Für mich war sie sehr hilfreich,wir haben uns über Polyneuropathie unterhalten haben und sie konnte mir einige Tipps geben.
Da war ich am Anfang der Diagnose sehr dankbar.
Sie hatte mir gegenüber eine sehr liebe Art.
Ich hoffe sehr ,dass sich meine Beschwerden wieder legen,weil es sich nicht verschlechtert haben.
Das diese nervlich bedingten Missempfindungen noch Entzugs bedingt sind,ist für mich ein großer Trost.

Dieses Dahinsiechen habe ich schon des Öfteren erlebt,in meinem eigenen Umfeld und auch beruflich.
Meine älteste Tochter,meine Mutter,mein Vater habe ich in dieser letzten Phase dabei begleitet.
Das schwere Leiden bei Hepatitis C oder auch bei Krebs ist mir also nicht fremd.
Da zu sehen zu müssen,ist nur sehr schwer zu ertragen,das hat mich auch seelisch mit krank gemacht.

Dir auch Alles erdenklich Gute und ganz liebe Grüße
Brigitte