Liebe Leute,
Das letzte wesentliche Pro-SSRI-Argument ist gefallen.
Wir erinnern uns - Prof. FRITZE, der Chef-Propagandist der AD-Hersteller, hatte das arznei-telegramm angegriffen und dabei immerhin zugegeben, dass die Wirkstärke von AD unbekannt sei (nach all den Jahren! und -zig Studien).
Dennoch sollten Antidepressiva wirken, und zwar werden sie explizit bei schweren Depressionen empfohlen (das Inkompetenznetz tut sich da auch gern hervor) - das a-t hatte jedoch korrekt angegeben, dass es bei SSRI & Co. keine Dosis-Wirkungs-Beziehung gibt, wie sie bei wirksamen Pharmaka zu erwarten wäre. Mehr hilft nicht mehr. Und bei schweren Depressionen?
Jetzt kommt eine Meta-Analyse (=höchste Beweiskraft) heraus, die untersucht hat, ob neuere AD in Studien mit schwer depressiven Patienten besser abschneiden:
Biol Psychiatry. 2007 Jul 1;62(1):65-71.
Das ist nicht der Fall. Dafuer steigt aber der Placeboeffekt (!) mit Schwere der Depression.
Ein starkes Ding. Besonderes Detail: Die Analyse stammt von Khan et al. - eine fruehere Metaanalyse aus gleichem Hause wurde zuvor den Emperor's New Drugs entgegengehalten, auch von FRITZE und anderen, die sich durch selektive Realitätswahrnehmung hervortun.
FAZIT:
Die Wirkung neuerer Antidepressiva unterscheidet sich nicht von der Placebowirkung. Bei schweren Depressionen wirken sie nicht besser als bei leichten, fuer die sie nicht Mittel der Wahl sind.
Die Verschreibungshäufigkeit dieser teuren Placebos hängt bekanntlich vom Marketing ab und nicht von wissenschaftlichen Fakten - sonst wären sie längst abgeschafft.
Somit registriere ich erstmal nur, dass wir vom ADFD wie das a-t und die anderen Kritiker wieder mal recht behalten haben - die Wahrheit kommt eben immer raus, wenn auch spät.
<hr>
Zum Thema "Lebensgefährlich" kommt im nächsten Am J Psychiatry ein ganzer Haufen Daten, aber mein Abo ist abgelaufen
Wahrscheinlich wird's wieder heissen "nichts Genaues weiss man nicht" - aber mal abwarten.
Alles Gute
-PhilRS.
Lebensgefährliche Plazebos: Halbes Schlusswort
Hallo PhilRS!
Ist schon herausgefunden worden, weshalb nach Absetzen eines SSRI oft die Symptome erst nach langer Zeit wieder auftreten? Bisher wurde das ja so erklärt, das der Hirnstoffwechsel sich erst wieder ganz langsam "normalisiert". Wenn Placebo, weshalb dauert es dann Monate lang, ehe wieder Depressionen etc. auftreten?
Grüße,
Steve
Ist schon herausgefunden worden, weshalb nach Absetzen eines SSRI oft die Symptome erst nach langer Zeit wieder auftreten? Bisher wurde das ja so erklärt, das der Hirnstoffwechsel sich erst wieder ganz langsam "normalisiert". Wenn Placebo, weshalb dauert es dann Monate lang, ehe wieder Depressionen etc. auftreten?
Grüße,
Steve
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@Steve, das sind Hypothesen. Man könnte auch darüber räsonieren, ob es wirkt wie Placebo dasselbe ist wie es wirkt als Placebo, usw. Für mich zählt v.a., dass es keinen sinnvollen Nachweis aus Studien gibt - übrigens auch nicht zur Langzeitwirkung (ohne jetzt näher drauf einzugehen).
<hr>
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Durch ein Leck beim AJP konnte ich schon [edit:Link entfernt]vor Erscheinen lesen[/edit*], was da zu AD+Suizid drinsteht. Wieder keine aussagekräftigen Daten, also für die Tonne. Immerhin fehlt der Satz nicht
Grüße
-PhilRS.
*betr. edit: mit dem so entdeckten Trick kann man das gesamte Journal vorzeitig und kostenlos lesen, mal lieber Link entfernt.
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Durch ein Leck beim AJP konnte ich schon [edit:Link entfernt]vor Erscheinen lesen[/edit*], was da zu AD+Suizid drinsteht. Wieder keine aussagekräftigen Daten, also für die Tonne. Immerhin fehlt der Satz nicht
Was das Journal nicht davon abhält, die niederklassigen Dinge groß rauszubringen, und selbst die Anstandsform zu vernachlässigenObservational studies can never definitively demonstrate causality.
Da werde ich die 200€ mal lieber ins Abo des J Clin Psychopharmacol investieren,Zeitschriften, die Pharma-Anzeigen drucken, sind bei der Annahme oder Ablehnung kritischer Beiträge zur Pharmakotherapie nicht völlig frei. Sehr einseitige Artikel mit „Promotion-Charakter“ lehnen gute Zeitschriften mit peer review gewöhnlich ab. In leichteren Fällen hilft ein kritisches „Editorial“ oder ein Kommentar, in dem ein hoffentlich unabhängiger Autor versucht, einseitige Aussagen in einem Hauptartikel zu korrigieren.
-Arzneimittelbrief 2007, 41, 47
Grüße
-PhilRS.
*betr. edit: mit dem so entdeckten Trick kann man das gesamte Journal vorzeitig und kostenlos lesen, mal lieber Link entfernt.