Seite 1 von 1

Maudsley Debatte "Schaden durch Psychopharmaka"

Verfasst: 19.05.2015 21:46
von Murmeline
Am 13.05.2015 fand beim Institute of Psychiatry at Kings College London die 52. Maudsley Debate statt mit dem Titel: ‘This house believes that the long-term use of psychiatric medications is causing more harm than good’. (Etwa: Diese Insitution geht davon aus, dass die Langzeiteinnahme von Psychopharmaka mehr Schaden als Nutzen zur Folge hat).

Für diese These haben gesprochen:
Professor Sami Timimi, Consultant Child & Adolescent Psychiatrist; Director of Postgraduate Education, NHS Lincolnshire; Visiting Professor of Child & Adolescent Psychiatry, University of Lincoln
Professor Peter Gøtzsche, Director, The Nordic Cochrane Centre, Denmark

Dagegen haben gesprochen:
Professor Allan Young, Professor of Mood Disorders, IoPPN
Mr John Crace, Journalist, The Guardian

Zusammenfassung/Einschätzung von Dr James Davies, Sozialanthropologe und Psychotherapeut (Freie Übersetzung Murmeline)
Seit 30 Jahren sind diejenigen von uns, die sich kritisch über die Vielfachverschreibung und über den Schaden von Psychopharmaka geäußert haben auf der Seite der Verlierer gewesen, angesichts eines starken, durch die Pharmaindustrie gestützten medizinischen Konzeptes, das alternative Stimmen und Visionen verdrängt hat. Die wichtige Bedeutung des Maudsley Debatte von Mittwoch ist, dass diese symbolisiert, was die kritische Gemeinschaft seit einiger Zeit bemerkt - dass sich das Blatt endgültig zu drehen beginnt.

The people and institutions who were once isolated, unconnected and struggling against an evidence base favouring the status quo, can now, at a click, possess the evidence revealing that what we were sold as solid and beyond dispute is nothing of the sort. (sorry, ist mir zu komplex der Satz)

Letzte Nacht brachte die Maudsley-Debatte mit leistungsfähige Beweisen und Argumenten den Diskus in die etablierte Psychatrie ein, dass die langfristige Verwendung von Psychopharmaka mehr Schaden als Nutzen verursacht - und diese Beweise haben in der Nacht eindeutig gewonnen.

Dies ist ein Grund zur Hoffnung und Optimismus. Aber natürlich müssen wir vorsichtig bleiben, eine einzige Debatte wird die Welt nicht verändern, aber immerhin wurde das Thema mal auf die Agenda gesetzt - das Thema wurde als tragfähige Debatte von einem führenden psychiatrischen Einrichtung legitimiert, so etwas ist nie zuvor passiert.
http://cepuk.org/2015/05/15/maudsley-debate-cause-hope/

Die Debatte kann man hier anschauen: (ich habe noch keine Zeit gehabt).
Hinweis: ab Minute 13 fängt es ungefähr an.
Und: Jede Seite muss sein Argument "schwarz oder weiß" vortragen, "Grautöne" sind kaum erlaubt - so habe ich es verstanden.
http://cepuk.org/2015/05/14/video-mauds ... drug-harm/

Das ist der Artikel dazu:
http://www.bmj.com/content/350/bmj.h2435

Ein Satz on Professor Peter Gøtzsche daraus:
We also need widespread withdrawal clinics because many patients have become dependent on psychiatric drugs, including antidepressants, and need help so that they can stop taking them slowly and safely.

Es werden Kliniken zum Absetzen gebraucht, denn viele Menschen sind von Psychopharmaka abhängig geworden (auch von Antidepressiva) und brauchen Hilfe so dass sie langsam und sicher aufhören können, sie weiter zu nehmen.
Hier noch eine Zusammenfassung
http://cepuk.org/2015/05/13/bmj-article ... s-harmful/

Und hier die Presseschau:
http://cepuk.org/2015/05/13/broad-press ... drug-harm/

Re: Maudsley Debatte "Schaden durch Psychopharmaka"

Verfasst: 19.05.2015 22:08
von Murmeline
Aus der Vorankündigung:
Recent research indicates that prescriptions are rising because more people are taking antidepressants for longer; often they become dependent on them and cannot stop. However there is no good research supporting the safe long-term use of these drugs, and withdrawal support charities report that over 50% of their enquiries now relate to the negative withdrawal effects, which can be debilitating and sometimes lasts for years.

To reduce harm Professor Gøtzsche believes that prescribing practices urgently need to change: ‘As psychotropic drugs are immensely harmful when used long term, they should almost exclusively be used in acute situations and always with a firm plan for tapering off which can be difficult for many patients. We need new guidelines to reflect this. We also need withdrawal clinics all over the country, as many patients have become dependent on psychiatric drugs, including antidepressants, and need help to get off them slowly and safely.’
http://cepuk.org/2015/05/13/third-leadi ... dications/

Re: Maudsley Debatte "Schaden durch Psychopharmaka"

Verfasst: 20.05.2015 06:32
von Clarissa
Mann, ich wünschte, mein Englisch wäre besser! Ich bin so dankbar für jede Übersetzung, seufz.

VG sendet sleepless.

Re: Maudsley Debatte "Schaden durch Psychopharmaka"

Verfasst: 20.05.2015 20:43
von Murmeline
Ich bin etwas verwundert darüber, dass der Artikel heute auf BMJ nur noch zugänglich ist, wenn man sich anmeldet. Das war gestern nicht so. Allerdings: ich hab mir das PDF gesichert :) Also Übersetzung ist immer noch möglich :)

Re: Maudsley Debatte "Schaden durch Psychopharmaka"

Verfasst: 26.05.2015 11:07
von Murmeline

Re: Maudsley Debatte "Schaden durch Psychopharmaka"

Verfasst: 26.05.2015 14:01
von Markus 77
Ich finds super das wer sagt das sie nicht zur Langzeiteinnahme geeignet sind und das Kliniken geben muss zum absetzen..!!Lg Markus

Re: Maudsley Debatte "Schaden durch Psychopharmaka"

Verfasst: 14.08.2018 21:55
von Markus 77
Man sollte Kliniken bauen wo net mit diesen Psychopharmarka herumgeworfen wird ...!

Re: Maudsley Debatte "Schaden durch Psychopharmaka"

Verfasst: 15.08.2018 14:25
von Arianrhod
Markus 77 hat geschrieben: 14.08.2018 21:55 Man sollte Kliniken bauen wo net mit diesen Psychopharmarka herumgeworfen wird ...!
Man braucht die Kliniken gar nicht bauen - man muss "nur " die Standards ändern.

So allgemeine Richtlinien in der Medizin werden "Goldstandard " genannt. :
"Als Goldstandard bezeichnet man in der Medizin ein diagnostisches, therapeutisches oder allgemein wissenschaftliches Verfahren, das im gegebenen Fall die bewährteste und beste Lösung darstellt. Neue Verfahren werden an diesem Goldstandard gemessen.

Da sich die Medizin durch neue Entdeckungen ständig verändert, müssen allerdings auch Goldstandards einer regelmäßigen Überprüfung unterzogen werden."

http://flexikon.doccheck.com/de/Goldstandard

Da ich in der Klinik ja meistens am Diskutieren war , erklärte mir einer der (netteren) Ärzte, die Behandlung von Psychosen mit Neuroleptika wäre der Goldstandard in der Psychiatrie, und wenn sie mich damit nicht behandeln, wäre das ein Kunstfehler.

( Als Kunstfehler werden alle diagnostischen oder therapeutischen Schritte bezeichnet, die trotz fehlender Indikation oder nicht nach wissenschaftlichem Erkenntnisstand beziehungsweise mit gebotener Sorgfalt durchgeführt wurden.)


http://flexikon.doccheck.com/de/Kunstfehler

Damit hatte der Arzt erfolgreich an mein Harmoniebedürfnis und meine Gutmütigkeit appeliert ....ich will ja gar nicht, dass jemand wegen mir Ärger bekommt...... :o
Wie gesagt, der Goldstandard ist der, der auf Grund neuer Erkenntnisse verbessert werden muss.

liebe Grüße Arian