Absetzen: 10 Dinge, die ich mir im Nachhinein raten würde
Verfasst: 17.01.2016 12:28
Übernommen von Monika von Freigeist/ http://www.my-free-mind.at - danke Moni fürs übersetzen!
Im Herbst 2014 beschloss die Autorin Diana Spechler ihre psychiatrischen Medikamente, die sie gegen Ängste, Depressionen und Schlaflosigkeit eingenommen hatte, abzusetzen. Sie begann schrittweise auszuschleichen und verfasste die Serie Going Off, welche in der New York Times erschienen ist: http://adfd.org/austausch/viewtopic.php?f=51&t=9919
Darin beschreibt sie all die Ängste und Schwierigkeiten, die mit den Medikamenten und dem Absetzen dieser verbunden waren.
Der folgende Artikel ist ihr Resümee.
Eins
Warne deine Freunde und deine Familie vor, dass du deine Medikamente ausschleichen wirst (Anmerkung von Freigeist: Ausschleichen bedeutet langsames, schrittweises Reduzieren der Dosis).
Bitte sie darum, dich darauf anzusprechen, wenn du niedergeschlagen wirkst; du wirst nicht böse auf sie sein.
Früher wärst du das gewesen.
Du hast immer gedacht, depressiv zu sein würde bedeuten, schwach zu sein; besorgte Anmerkungen hast du als Beschuldigung für deine eigene Schwäche interpretiert. Doch nun ist es an der Zeit, das zu ändern.
Lass deine Haut nicht dicker, sondern durchlässiger werden, damit Liebe durchsickern kann.
Lass zu, dass deine Freunde dich unangekündigt und spontan besuchen, um sicher zu gehen, dass du nicht die letzten drei Tage in deinem blauen Bademantel verbracht hast.
Zwei
Du musst deine Medikamente eventuell langsamer ausschleichen, als dein Arzt es dir empfohlen hat.
Setze immer nur ein Medikament nach dem anderen ab, alle paar Wochen nur eine kleine Dosis davon. Sei behutsam.
Wenn du dir zum Beispiel vorgenommen hast, die Dosis deines Benzodiazepins (Beruhigungsmittels) am Freitagabend zu verringern, du aber merkst, dass du immer noch Absetzsymptome von dem vorherigen Reduktionsschritt hast, dann bleib bei deiner ursprünglichen Dosis und warte noch ein bisschen ab.
Du hast am Montag immer noch die Möglichkeit, weiter zu reduzieren. Oder nächsten Montag. Oder auch übernächsten.
Bei dir wird es ganze sieben Monate dauern, um alle drei Medikamente abzusetzen (Anmerkung von Freigeist: Diana beschreibt hier ihren persönlichen Verlauf, das Tempo ist bei jedem Menschen individuell) und das ist okay.
Wenn es dir während dem Ausschleichen schlecht geht, kannst du immer wieder einen Schritt zurück gehen und ein wenig aufdosieren.
Tu das, wenn es dir dabei hilft, den Tag zu überstehen ohne dich im Badezimmer verstecken zu müssen.
Dein Ziel sollte sein, dass es dir gut geht und nicht, dass du schnell beweisen kannst, ohne Medikamente auszukommen.
Drei
Nach jedem Reduktionsschritt wirst du zwei oder drei Tage lang schreckliche Symptome erleiden: Schwindel, Übelkeit, Panikattacken, Kopfschmerzen, Weinanfälle und andere seltsame Beschwerden wie Zahnschmerzen.
Manche Personen leiden auch monatelang unter diesen extremen Zuständen. Einige halten die Absetzsymptome nicht aus und müssen bei ihrem Medikament bleiben. Du gehörst nicht dazu: Deine Zahnschmerzen werden verschwinden. Deine Panik wird weichen. Du wirst nicht einmal ohnmächtig werden oder dich übergeben müssen.
Vier
Kümmere dich um deine Ernährung.
Alkohol unterdrückt den REM-Schlaf (englisch für Rapid Eye Movement: Durch schnelle Augenbewegungen gekennzeichneter Schlaf; Tiefschlaf-Phasen werden mit körperlicher Regeneration in Verbindung gebracht, REM-Schlaf hingegen mit psychischer Erholung).
Es ist wichtig, das zu erwähnen.
Transfette und Zucker sorgen für Stimmungsschwankungen – erinnerst du dich, wie du in der U-Bahn geweint hast, weil jemand unabsichtlich seinen Rucksack in dein Gesicht geschmettert hat?
Doch wenn du es einfach nicht schaffst, deine Ernährung umzustellen, kauf dir hin und wieder eine große Packung Fast Food, setz dich vor den Fernseher und genieße.
Verzeih dir deinen Hedonismus. Verzeih dir einfach alles.
Fünf
Finde eine Person, die du mitten in der Nacht anrufen kannst.
Du wirst einen Vorteil darin erkennen, dass deine beste Freundin in Kalifornien wohnt: Wenn es bei dir Nacht ist, ist es bei ihr erst Abend. Ihre Stimme zu hören wird sich für dich anfühlen, wie der erste tiefe Atemzug, den du seit Stunden machen konntest.
Sechs
Wenn du nachts niemanden anrufen kannst (oder willst), lade dir Hypnose- und Meditationseinheiten zum Entspannen herunter.
Wenn das nicht funktioniert, mach etwas anderes. Lies das Buch, das du seit acht Monaten lesen wolltest. Borge dir von jemandem ein HBO-Passwort aus (hier geht es um einen Anbieter wie Netflix zum Serien schauen).
Lerne mit Hilfe deines Handys Spanisch. Experten sagen, dass man bei Schlaflosigkeit elektronische Geräte vermeiden sollte. Vergiss das.
Was man vermeiden sollte ist, dass Panik aufkommt.
Was du dir selbst beibringen solltest: Ich verdiene etwas Besseres, als alleine in einem dunklen Raum wach zu liegen und mir schreckliche Dinge vorzustellen.
Sieben
Kümmere dich gut um die Einteilung deiner Freizeit.
Verschwende deine kostbare Zeit nicht mit Menschen, die du nur alle drei Monate auf einen Kaffee triffst und die dir keine einzige Frage stellen – solche, die über nichts anderes als ihre eigenen Themen sprechen. Sag einer solchen Person, dass du eine Koffeinunverträglichkeit entwickelt hast.
Du brauchst Zeit zum Heilen.
Acht
Dies ist kein guter Zeitpunkt für eine Trennung.
Falls du dich in dieser Zeit doch von deinem Partner trennst, vergiss nicht, dass du das überstehen wirst.
Hör auf, Listen in deinem Kopf durch zu gehen, was du hättest besser machen können. Nein, du hättest nicht deine ganze Persönlichkeit ändern können. Nein, du bist nicht zu anspruchsvoll. Und selbst wenn du anspruchsvoll und schwierig bist, was solls? Sei schwierig. Du bist ein Mensch und keine Zusammenstellung perfekter Qualitäten.
Wenn du merkst, dass du dir nur Vorwürfe machst, schreib sie nieder. Das ist die einzige Möglichkeit, sie aus deinem Kopf zu bekommen – der leere Zettel hält das aus.
Wenn du in den frühen Morgenstunden so dasitzen und schreiben wirst, wird alles in Ordnung sein – dein Kaffee wird fertig und deine Wirbelsäule aufgerichtet sein.
Du wirst zu dir selbst zurückkehren.
Dein Partner war nicht dein Antidepressivum. Verachte ihn nicht. Er ist auch nur ein Mensch und hat dir gegeben, was er konnte.
Neun
Jeder hat eine Meinung zum Thema Depression. Jeder hat eine Meinung über Psychopharmaka.
Wenn du jemandem sagst, dass du solche Medikamente einnimmst (oder absetzen willst), werden dir einige ihre Meinung aufdrängen wollen. Diese Reaktionen haben wenig mit dir persönlich zu tun.
Wir leben in einer Gesellschaft, in der psychische Gesundheit ein angespanntes und belastendes Thema ist. Einer Gesellschaft, in der wir kaum frei darüber sprechen können, ohne uns Sorgen machen zu müssen, was andere über uns denken werden. Lass die anderen reden. Sie müssen reden.
Hab keine Angst davor.
Du hast ein Recht darauf, deine persönlichen Erfahrungen zu erzählen. Vielleicht ist es nicht nur dein Recht, sondern deine Pflicht das zu tun – um diese kollektive Scham mit deinen klaren und ehrlichen Worten zu bekämpfen.
Zehn
Die Zeit wird kommen, wo du nicht mehr benommen und voller Furcht aufwachen wirst, sondern begeistert, weil die Sonne scheint. Es wird Sommer sein, deine liebste Jahreszeit.
Du wirst medikamentenfrei sein, dich vollwertig ernähren, in die Welt zurückkehren und dabei eine Yogamatte um deine Schulter hängen haben. Kannst du das glauben? Du wirst diese Person mit der Yogamatte um die Schulter sein!
Du wirst dich selbst wiederfinden. Du wirst die Person wiederfinden, die du unter all den Bandagen fast vergessen hättest. Bevor du die Bandagen abnimmst, wirst du unsicher sein, ob die Haut darunter schon verheilt ist.
Aber du wirst Glück haben: Du bist geheilt. Du bist zurück.
Du wirst wieder die Person sein, die barfuß geht. Die Person, die Konzerte genauso wenig aushält, wie den Saint Mark’s Place.
Die Person, die sich wünscht, sie hätte keine Augenringe und die sich gerne weniger Gedanken um ihre Augenringe machen würde.
Die Person, die vor Aufregung sichtbar zittert, wenn sie einer spannenden Persönlichkeit begegnet und die nicht aufhören kann, U-Bahn Tänzer anzulächeln, obwohl man als waschechter New Yorker U-Bahn Tänzer hassen sollte.
Begrüße diese Person. Sie hat lange gefehlt.
Sie war depressiv und hat sich anschließend von der Depression erholen müssen. Sie klebte an ihren Möbeln fest, zählte Kalorien und war schockiert, als ihr die Haare ausfielen. Sie zog ihre Vorhänge zu.
Lass deine Gefühle der Dankbarkeit raus: Dankbarkeit für alles und jeden, für die Tatsache, dass Menschen andere Menschen brauchen, für die Art, wie manche Menschen Blickkontakt meiden und andere ihre Arme für eine Umarmung öffnen.
Geh nach draußen. Spür die Unterseite deiner Füße.
Und ehe du dich versiehst, wird noch mehr Zeit vergangen sein, in der du keine Medikamente mehr einnimmst. Vielleicht wird es Winter sein, vielleicht wirst du den Yogaunterricht eine Woche lang ausfallen lassen, zwei Stunden lang weinen oder zu viel Bier trinken – und doch wirst du okay sein.
So ist das Leben. Du lässt los.
http://my-free-mind.at/absetzen-psychopharmaka-10dinge/
Original: http://mobile.nytimes.com/blogs/opinion ... 0&referer=
Im Herbst 2014 beschloss die Autorin Diana Spechler ihre psychiatrischen Medikamente, die sie gegen Ängste, Depressionen und Schlaflosigkeit eingenommen hatte, abzusetzen. Sie begann schrittweise auszuschleichen und verfasste die Serie Going Off, welche in der New York Times erschienen ist: http://adfd.org/austausch/viewtopic.php?f=51&t=9919
Darin beschreibt sie all die Ängste und Schwierigkeiten, die mit den Medikamenten und dem Absetzen dieser verbunden waren.
Der folgende Artikel ist ihr Resümee.
Eins
Warne deine Freunde und deine Familie vor, dass du deine Medikamente ausschleichen wirst (Anmerkung von Freigeist: Ausschleichen bedeutet langsames, schrittweises Reduzieren der Dosis).
Bitte sie darum, dich darauf anzusprechen, wenn du niedergeschlagen wirkst; du wirst nicht böse auf sie sein.
Früher wärst du das gewesen.
Du hast immer gedacht, depressiv zu sein würde bedeuten, schwach zu sein; besorgte Anmerkungen hast du als Beschuldigung für deine eigene Schwäche interpretiert. Doch nun ist es an der Zeit, das zu ändern.
Lass deine Haut nicht dicker, sondern durchlässiger werden, damit Liebe durchsickern kann.
Lass zu, dass deine Freunde dich unangekündigt und spontan besuchen, um sicher zu gehen, dass du nicht die letzten drei Tage in deinem blauen Bademantel verbracht hast.
Zwei
Du musst deine Medikamente eventuell langsamer ausschleichen, als dein Arzt es dir empfohlen hat.
Setze immer nur ein Medikament nach dem anderen ab, alle paar Wochen nur eine kleine Dosis davon. Sei behutsam.
Wenn du dir zum Beispiel vorgenommen hast, die Dosis deines Benzodiazepins (Beruhigungsmittels) am Freitagabend zu verringern, du aber merkst, dass du immer noch Absetzsymptome von dem vorherigen Reduktionsschritt hast, dann bleib bei deiner ursprünglichen Dosis und warte noch ein bisschen ab.
Du hast am Montag immer noch die Möglichkeit, weiter zu reduzieren. Oder nächsten Montag. Oder auch übernächsten.
Bei dir wird es ganze sieben Monate dauern, um alle drei Medikamente abzusetzen (Anmerkung von Freigeist: Diana beschreibt hier ihren persönlichen Verlauf, das Tempo ist bei jedem Menschen individuell) und das ist okay.
Wenn es dir während dem Ausschleichen schlecht geht, kannst du immer wieder einen Schritt zurück gehen und ein wenig aufdosieren.
Tu das, wenn es dir dabei hilft, den Tag zu überstehen ohne dich im Badezimmer verstecken zu müssen.
Dein Ziel sollte sein, dass es dir gut geht und nicht, dass du schnell beweisen kannst, ohne Medikamente auszukommen.
Drei
Nach jedem Reduktionsschritt wirst du zwei oder drei Tage lang schreckliche Symptome erleiden: Schwindel, Übelkeit, Panikattacken, Kopfschmerzen, Weinanfälle und andere seltsame Beschwerden wie Zahnschmerzen.
Manche Personen leiden auch monatelang unter diesen extremen Zuständen. Einige halten die Absetzsymptome nicht aus und müssen bei ihrem Medikament bleiben. Du gehörst nicht dazu: Deine Zahnschmerzen werden verschwinden. Deine Panik wird weichen. Du wirst nicht einmal ohnmächtig werden oder dich übergeben müssen.
Vier
Kümmere dich um deine Ernährung.
Alkohol unterdrückt den REM-Schlaf (englisch für Rapid Eye Movement: Durch schnelle Augenbewegungen gekennzeichneter Schlaf; Tiefschlaf-Phasen werden mit körperlicher Regeneration in Verbindung gebracht, REM-Schlaf hingegen mit psychischer Erholung).
Es ist wichtig, das zu erwähnen.
Transfette und Zucker sorgen für Stimmungsschwankungen – erinnerst du dich, wie du in der U-Bahn geweint hast, weil jemand unabsichtlich seinen Rucksack in dein Gesicht geschmettert hat?
Doch wenn du es einfach nicht schaffst, deine Ernährung umzustellen, kauf dir hin und wieder eine große Packung Fast Food, setz dich vor den Fernseher und genieße.
Verzeih dir deinen Hedonismus. Verzeih dir einfach alles.
Fünf
Finde eine Person, die du mitten in der Nacht anrufen kannst.
Du wirst einen Vorteil darin erkennen, dass deine beste Freundin in Kalifornien wohnt: Wenn es bei dir Nacht ist, ist es bei ihr erst Abend. Ihre Stimme zu hören wird sich für dich anfühlen, wie der erste tiefe Atemzug, den du seit Stunden machen konntest.
Sechs
Wenn du nachts niemanden anrufen kannst (oder willst), lade dir Hypnose- und Meditationseinheiten zum Entspannen herunter.
Wenn das nicht funktioniert, mach etwas anderes. Lies das Buch, das du seit acht Monaten lesen wolltest. Borge dir von jemandem ein HBO-Passwort aus (hier geht es um einen Anbieter wie Netflix zum Serien schauen).
Lerne mit Hilfe deines Handys Spanisch. Experten sagen, dass man bei Schlaflosigkeit elektronische Geräte vermeiden sollte. Vergiss das.
Was man vermeiden sollte ist, dass Panik aufkommt.
Was du dir selbst beibringen solltest: Ich verdiene etwas Besseres, als alleine in einem dunklen Raum wach zu liegen und mir schreckliche Dinge vorzustellen.
Sieben
Kümmere dich gut um die Einteilung deiner Freizeit.
Verschwende deine kostbare Zeit nicht mit Menschen, die du nur alle drei Monate auf einen Kaffee triffst und die dir keine einzige Frage stellen – solche, die über nichts anderes als ihre eigenen Themen sprechen. Sag einer solchen Person, dass du eine Koffeinunverträglichkeit entwickelt hast.
Du brauchst Zeit zum Heilen.
Acht
Dies ist kein guter Zeitpunkt für eine Trennung.
Falls du dich in dieser Zeit doch von deinem Partner trennst, vergiss nicht, dass du das überstehen wirst.
Hör auf, Listen in deinem Kopf durch zu gehen, was du hättest besser machen können. Nein, du hättest nicht deine ganze Persönlichkeit ändern können. Nein, du bist nicht zu anspruchsvoll. Und selbst wenn du anspruchsvoll und schwierig bist, was solls? Sei schwierig. Du bist ein Mensch und keine Zusammenstellung perfekter Qualitäten.
Wenn du merkst, dass du dir nur Vorwürfe machst, schreib sie nieder. Das ist die einzige Möglichkeit, sie aus deinem Kopf zu bekommen – der leere Zettel hält das aus.
Wenn du in den frühen Morgenstunden so dasitzen und schreiben wirst, wird alles in Ordnung sein – dein Kaffee wird fertig und deine Wirbelsäule aufgerichtet sein.
Du wirst zu dir selbst zurückkehren.
Dein Partner war nicht dein Antidepressivum. Verachte ihn nicht. Er ist auch nur ein Mensch und hat dir gegeben, was er konnte.
Neun
Jeder hat eine Meinung zum Thema Depression. Jeder hat eine Meinung über Psychopharmaka.
Wenn du jemandem sagst, dass du solche Medikamente einnimmst (oder absetzen willst), werden dir einige ihre Meinung aufdrängen wollen. Diese Reaktionen haben wenig mit dir persönlich zu tun.
Wir leben in einer Gesellschaft, in der psychische Gesundheit ein angespanntes und belastendes Thema ist. Einer Gesellschaft, in der wir kaum frei darüber sprechen können, ohne uns Sorgen machen zu müssen, was andere über uns denken werden. Lass die anderen reden. Sie müssen reden.
Hab keine Angst davor.
Du hast ein Recht darauf, deine persönlichen Erfahrungen zu erzählen. Vielleicht ist es nicht nur dein Recht, sondern deine Pflicht das zu tun – um diese kollektive Scham mit deinen klaren und ehrlichen Worten zu bekämpfen.
Zehn
Die Zeit wird kommen, wo du nicht mehr benommen und voller Furcht aufwachen wirst, sondern begeistert, weil die Sonne scheint. Es wird Sommer sein, deine liebste Jahreszeit.
Du wirst medikamentenfrei sein, dich vollwertig ernähren, in die Welt zurückkehren und dabei eine Yogamatte um deine Schulter hängen haben. Kannst du das glauben? Du wirst diese Person mit der Yogamatte um die Schulter sein!
Du wirst dich selbst wiederfinden. Du wirst die Person wiederfinden, die du unter all den Bandagen fast vergessen hättest. Bevor du die Bandagen abnimmst, wirst du unsicher sein, ob die Haut darunter schon verheilt ist.
Aber du wirst Glück haben: Du bist geheilt. Du bist zurück.
Du wirst wieder die Person sein, die barfuß geht. Die Person, die Konzerte genauso wenig aushält, wie den Saint Mark’s Place.
Die Person, die sich wünscht, sie hätte keine Augenringe und die sich gerne weniger Gedanken um ihre Augenringe machen würde.
Die Person, die vor Aufregung sichtbar zittert, wenn sie einer spannenden Persönlichkeit begegnet und die nicht aufhören kann, U-Bahn Tänzer anzulächeln, obwohl man als waschechter New Yorker U-Bahn Tänzer hassen sollte.
Begrüße diese Person. Sie hat lange gefehlt.
Sie war depressiv und hat sich anschließend von der Depression erholen müssen. Sie klebte an ihren Möbeln fest, zählte Kalorien und war schockiert, als ihr die Haare ausfielen. Sie zog ihre Vorhänge zu.
Lass deine Gefühle der Dankbarkeit raus: Dankbarkeit für alles und jeden, für die Tatsache, dass Menschen andere Menschen brauchen, für die Art, wie manche Menschen Blickkontakt meiden und andere ihre Arme für eine Umarmung öffnen.
Geh nach draußen. Spür die Unterseite deiner Füße.
Und ehe du dich versiehst, wird noch mehr Zeit vergangen sein, in der du keine Medikamente mehr einnimmst. Vielleicht wird es Winter sein, vielleicht wirst du den Yogaunterricht eine Woche lang ausfallen lassen, zwei Stunden lang weinen oder zu viel Bier trinken – und doch wirst du okay sein.
So ist das Leben. Du lässt los.
http://my-free-mind.at/absetzen-psychopharmaka-10dinge/
Original: http://mobile.nytimes.com/blogs/opinion ... 0&referer=