ich habe euch einen Artikel von survivingantidepressants (von User alexjuice) übersetzt, Grüße Esperanza

Quelle: http://survivingantidepressants.org/ind ... ithdrawal/
Sechs Fehler, die ich im Entzug gemacht habe
Ich hoffe, ihr könnt von mir und meinen Fehlern lernen. Alles unten Genannte ist nur meine persönliche Meinung. Keine Fakten. So viel ist Fakt.
Hier sind meine größten sechs Fehler:
1. Ärztlicher Autorität vertrauen
Ich erlebte zahlreiche Medikationswechsel und –beendigungen. Jedes Mal war es problematisch. Ich bekam Zweifel, ob mein Arzt meinen Zustand richtig einschätzen und ob er mich korrekt behandeln konnte. Aber er war ARZT! Ich dachte, er würde schon wissen, was er tut. Immerhin war ICH es, der Psychopharmaka brauchte. ICH. Wer war derjenige mit den ärztlichen Diplomen an der Wand? Er.
Die Absetzerscheinungen von keinem einzigen Psychopharmakon, das in den letzten 25 Jahren auf den Markt gekommen ist, sind gut untersucht, geschweige denn anerkannt. Meine frühen Versuche zu begreifen, was mit mir los war, fruchteten wenig. Meine Recherchen führten zwar zu generell glaubwürdigen Webseiten, aber diese Seiten konnten mir bezüglich meiner durch diskontinuierliche Psychopharmakaanwendung hervorgerufenen Absetzsymptome nicht weiterhelfen. Nicht, weil sie mich wissentlich falsch informierten, sondern weil sie überhaupt nicht wussten, dass sie falsche Informationen enthielten.
Mein Fehler war, Autoritäten zu vertrauen, weil es eben Autoritäten waren. Obwohl ich gute Gründe hatte, Ärzten und bestimmten Gesundheitswebseiten zu misstrauen, weigerte ich mich zu glauben, was ich eigentlich ahnte. Großer FEHLER! Aufgrund meiner Beharrlichkeit hatte ich letztendlich das Glück, irgendwann Webseiten zu finden, die mir bessere Informationen zu der Hölle lieferten, durch die ich gehen musste.
Ich glaube nun, mit eindeutiger Gewissheit, dass der beste Rat, mit andauernden Absetzerscheinungen umzugehen, nicht von Ärzten oder Psychiatern kommen kann. Kein Psychiater, mit dem ich es jemals zu tun hatte, wollte auch nur in Betracht ziehen, dass es Absetzsymptome gibt, die länger als nur einige wenige Wochen andauern könnten. Nein. Der beste Rat kommt aus dem Netzwerk der vielen Leidtragenden, die ihre persönlichen Erlebnisse zusammengetragen haben. Aus diesen Erfahrungsberichten, zusammen mit einigen im psychiatrischen Bereich tätigen, abtrünnigen Ärzten, entstanden einige verständnisvolle und HILFREICHE Ratgeber zu Medikamentenausschleichung und Genesung.
Das ist immer noch nicht viel. Aber ich überprüfe nun alles, was mein Arzt sagt, mit Hilfe der Weisheit anderer Leidensgenossen. Es ist ein Unglück, dass ich so lange brauchte, um zu diesem Ergebnis zu gelangen. Vertraue deinen Leuten.
2. Abrupt wechseln
Bei mir hat Vieles die Entzugssymptome verschlimmert. Ernährungswechsel, verändertes sportliches Verhalten, Stress, wechselnde Stimuli etc. Besonders schlimm waren abrupte Wechsel der Medikation.
Unter den Betroffenen gibt es die einhellige Unterstützung für ein langsames Ausschleichen jeglicher Psychopharmaka. Für mich im Besonderen gilt das Gleiche für fast alle Aspekte meines Lebens und täglichen Handelns. Sofern ich keine extrem guten Gründe dagegen habe, vollziehe ich Wechsel in meiner Gesundheitsroutine stets langsam und etappenweise, Schritt für Schritt.
3. Zerstörerisches Denken („Das wird nie besser“)
Meine Entzugserscheinungen waren traumatisch. Einige davon, darunter PSSD, Magen-Darm-Probleme und die Überempfindlichkeit normalem Alltagsstress gegenüber, machen mir manchmal Angst. Ich habe Angst, dass ich nie wieder normal werde. Besonders wenn ich alleine bin, macht diese Angst meinen Zustand zur Folter.
Ich habe erkannt, dass es ein Fehler ist, dieser Angst nachzugeben. Ich habe versucht, meine innere Einstellung zu den andauernden Symptomen zu ändern. Ja, wen ein Problem anhält, so könnte das vielleicht für immer sein. Dennoch ist es nicht gut, das zu glauben. Der einzige Effekt dieses Denkend ist, meiner Meinung, nach ein negativer. Es ist ein sich selbst verstärkender Negativ-Mechanismus. Je mehr ich mich sorge, desto besorgter werde ich etc… Selbst, wenn es nicht schaden sollte, tut das sich-Sorgen nicht gut. Selbst, wenn ich glaube, ich würde nie wieder gesund, dass meine Behinderung für immer bleiben wird, so erlaube ich es mir dennoch nicht, so zu denken. Es macht mein Leid nur schlimmer und erhöht die Last auf meinen Schultern.
Daher ist für mich die beste Lösung zu glauben, dass es besser wird. Das ist die wahrscheinlichste Entwicklung, egal, wie groß die Angst in diesem Moment auch ist. Andere sind genesen, daher entscheide ich mich, ebenso zu gesunden, auch wenn ich nicht weiß, ob es so kommt.
Bei den Anonymen Alkoholikern beten Atheisten regelmäßig zu „Gott“. Sie tun das, weil es einen Teil ihres Gehirns anregt, der getrennt ist von dem Teil, der sie zum Trinken zwingt. Es ist egal, ob es Gott wirklich gibt. Das interessiert sie nicht. Sie beten, weil sie auf diese Weise trocken bleiben.
Ich pflege aus ähnlichen Gründen meine positive Haltung. Es ist, jetzt gerade in diesem Moment, egal, ob ich mich völlig erhole oder nicht. Ich entscheide mich zu galuben, dass ich völlig genese, denn wenn ich das nicht täte, wäre mein Leben… nicht mehr lebenswert.
Ich habe diesen Fehler (zu glauben, ich würde niemals gesund werden, Anm. d. Übers.) oft gemacht. Aber heute ist es Teil meiner Selbstfürsorge, immer daran zu glauben, dass ich eines Tages alles überwunden haben werde.
4. „Ich bin geheilt!“
Ich habe oft den Fehler gemacht, einen guten Tag mit dem Zustand völliger Heilung zu verwechseln. Wenn ich einen guten Tag hatte, erfasste mich eine Welle der Erregung und ich begann sofort, verlorene Zeit nachzuholen, Stellenanzeigen zu lesen und den Wohnungsmarkt zu durchforsten. An solchen tagen habe ich mich in meiner Aufregung oft übernommen. Nach diesen kurzen „Ich bin geheilt“-Episoden folgte stets der Rückschlag auf dem Fuße.
Ich versuche nun, achtsam zu sein. Wenn ich achtsam vorgehe, kann ich meine Ziele mit größerer Wahrscheinlichkeit erreichen. Meine Genesung wird immer länger dauern als ich mir das erhoffe. Aber meine Realität zeigt, dass Gesundung nicht linear ist und dass „alles ist wieder gut“ für einige Stunden nicht viel aussagt. Ich bleibe auf Kurs.
5. Unkritischer Umgang mit Nahrungsergänzungsmitteln (NEM)
Eines meiner Hauptsymptome ist Überempflindlichkeit. Ich bin unfassbar empfindlich. Meine Symptome sind mit NEM nicht besser geworden. Im Gegenteil. Sie sind noch schlimmer geworden. Aber es ist schwer, nichts zu versuchen, wenn Andere davon berichten, dass ihnen etwas helfen konnte. Also habe ich alles probiert…
Es gab Situationen, in denen positive Reaktionen auftraten, nur, um am nächsten Tag in gräßliche Gegenreaktionen umzuschlagen (bei Beibehaltung der Vortagesdosis). Ich weiß nicht, warum dies geschah. Wie auch immer, ich habe daraus gelernt. Wenn ich heute ein neues NEM ausprobieren möchte, nehme ich immer nur ein Bruchstück (max. ein Fünftel) der empfohlenen Dosis. Oft noch viel weniger. Wenn ich daraufhin stark reagiere, auch wenn es eine positive Reaktion ist, setze ich das Mittel für mindestens zwei Tage ab. Wenn ich wieder damit anfange, nehme ich eine noch viel geringere Dosis. Denn: starke Reaktionen sind für mich ein Warnsignal.
Hätte ich das früher gewusst, hätte ich mir einige furchtbare Gegenreaktionen ersparen können, angefangen mit brennender Haut über Taubheitsgefühle in den Extremitäten bis hin zum Totalausfall, was bedeutet, dass ich viele, viele Tage das Bett nicht mehr verlassen konnte.
6. Notwendige Änderungen im Lebensstil dramatisieren
In den letzten 18 Monaten habe ich Alkohol, Nikotin, Kaffee, Energy Drinks, Eiweißshakes, kohlensäurehaltige Getränke, Tee, Fast Food, Lebensmittel, die ich nicht richtig verdauen konnte u.v.a.m. aufgegeben. Dies hat Einiges verändert. Ich wollte aber gewisse Dinge nicht aufgeben. Daher ignorierte ich die Signale meine Körpers und fing an, Einiges wieder auszuprobieren. Kaffee war bei mir das Schlimmste. Je mehr ich trank, desto schlimmer wurde es. Ich erlitt einen schweren Rückschlag durch Säurerückfluss nachdem ich wieder begonnen hatte, nachmittags Kaffee zu trinken, obwohl ich schon in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen damit gemacht hatte. Ich musste lernen, dass ich momentan diese Dinge meiden muss. Ich machte mir klar, dass das nicht das Ende der Welt ist. Es gibt im Gegenteil sogar Menschen, die es als große Leistung empfänden, auf all die oben genannten Dinge verzichten zu können.
Ich hoffe, eines Tages wieder einige dieser Sachen genießen zu dürfen. Aber ich habe beschlossen, meine Genesung nicht wegen meiner Sturheit auf`s Spiel zu setzen. Natürlich vermisse ich den Kaffee. Sehr.
Das sind die sechs Fehler, die ich machte, nachdem ich beschlossen hatte, meine Medikamente abzusetzen.
Alex