Hallo Upper,
ja, mein Hausarzt scheint okay zu sein. Ich kenne ihn noch nicht so lange.
Ich glaube nicht, dass ich dazu neige, mich von Therapeuten abhängig zu machen. Ich bin ziemlich belesen, und kann auch ganz gut denken. Allerdings fällt es mir immer noch schwer, so zu handeln, wie ich es für richtig halte. In meiner Herkunftsfamilie ging es richtig autoritär zu. Mittlerweile kann ich einige Ereignisse aufzählen, wo ich inhaltlich anderer Meinung war als andere Leute, und am Ende recht hatte.
Jetzt handle ich dann auch so, wie ich es für richtig halte. Aber den Leuten zu sagen, dass sie unrecht haben und ich recht, gelingt mir häufig nicht. Die Leute erleben mich dann halt als unnahbar und arrogant, und als dickköpfig (eben: Stur wie ein Ochse, und zäh wie ein Esel) Oder ich gehe weg. Eine Angewohnheit, die einen auf die Dauer einsam macht.
Die Qualität der einen Freundschaft ist tatsächlich hervorragend.
![Smile :)](./images/smilies/smile.gif)
Und es gibt viele zu Bekannte.
Ich finde, es ist ein Merkmal eines guten Therapeuten, dass er einen regelrecht von sich weg erzieht. So nach dem Motto: "Nun entscheiden Sie mal."
Ich habe einige psychiatrische Kliniken als Besucherin kennen gelernt. Anscheinend gibt es auch hier gute und schlechte. Nur hat man halt noch weniger Einfluss, wo man hin gerät, als bei niedergelassenen Ärzten, und es scheinen immer noch Orte zu sein, wo Psychopharmaka großzügig verteilt werden. Zwingen Sie einen eigentlich zu schlucken, wenn man selbst etwas nicht nehmen will? Ich vermute allerdings, dass sie nicht Josef Zehentbauers Medikamentenratgeber auslegen, was ich aber wirklich keine schlechte Idee fände.
Seit der industriellen Revolution richten wir alle unseren persönlichen Lebensrhytmus nach einer kleinen Maschine aus, die wir uns sogar auf das Handgelenk binden. Mein Eindruck ist, dass Psychopharmaka ein weiterer Schritt sind, Menschen sozusagen maschinengängig zu machen. Es geht dabei nicht darum, die Lebensqualität des Schluckenden zu verbessern, sondern darum, dass er nicht mehr auffällt.
Deshalb gefällt mir der Aufruf von Josef Zehentbauer so gut, Melancholie auch hinzunehmen und vielleicht sogar zu genießen. Im 18. Jahrhundert war das eine eigene Kulturform. Und was hindert uns eigentlich daran, mit Menschen zusammen zu leben, die mit Hallunzinationen leben? Jean Paul Sartre hatte in Phasen harter Arbeit den Eindruck, von einer Languste verfolgt zu werden. Er hatte Freunde, die in diesen Phasen bei ihm blieben.
In einer Welt, in der die Individualität der Menschen besser akzeptiert würde, würden wohl auch weniger Psychopharmaka verschrieben.
Gruß an alle,
Lotus
1995 Selbstwertneurose, neurotische Depression, tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, Besserung ohne Medikamente
1998 schwerer Rückfall: 20 mg Paroxetin zur Antriebssteigerung,
Absetzversuch: von 02.02.05 bis Juni 05 null, ab Juni 05 10 mg Escitalopram
Diagnose: bipolar schizo-affektive Störung. Medikation: 600 mg Seroquel, 22,5 mg Mirtazapin, 40 mg Citalopram